top of page
  • AutorenbildGuenter G. Rodewald

BücherMann an BücherFrau

Aktualisiert: 21. Apr. 2022


Da bin ich mir vollkommen sicher: Silke Weniger wird sich nicht ungebührlich angenähert fühlen, wenn ich als BücherMann ihr als BücherFrau hier meinen Respekt zollen möchte. Der Anlass: sie wurde gerade zur BücherFrau des Jahres 2020 gewählt. Das trifft zusammen mit den 30 Jahren, die das Branchen-Netzwerk BücherFrauen e.V. existiert, den 20 Jahren, die Silke ihre literarische Agentur betreibt und den 10 Jahren, die es die editionfünf gibt, deren Initiatorin und Verlegerin sie ist. Das Branchen-Netzwerk BücherFrauen wurde 1990 nach dem Vorbild der englischen Women in Publishing (WiP) in München gegründet. WiPs gibt es auch in den USA, Australien, Irland, Indien, Hongkong und den Philippinen. Im deutschsprachigen Raum bündelt der Verein die Interessen von rund 900 Frauen, die angestellt oder freiberuflich mit Büchern zu tun haben – in Verlagen, Buchhandlungen, Bibliotheken, Institutionen oder im eigenen Büro.


Und eben jedes Jahr küren die BücherFrauen eine Frau zur BücherFrau des Jahres. Der Preis würdigt Frauen innerhalb der Buchbranche mit einem herausragenden Engagement für Frauen, z. B. Frauen, die hauptsächlich Frauen beschäftigen oder Bücher für Frauen schreiben oder ihnen zugänglich machen oder Literatur von Frauen besonders fördern.


Dass nun - dazu in einem Jubiläumsjahr des Netzwerks - ausgerechnet Silke Weniger diese Ehre zuteil geworden ist, dafür gibt es eine lange Reihe von Gründen, eigentlich wäre der Preis für sie schon viel früher fällig gewesen, erlaube ich mir als männlicher Kollege einzuwerfen.


Denn sie war eine der Initiatorinnen bei der Gründung dieser Vereinigung, wenn nicht sogar eine in der allerersten Linie. Dann betreibt sie ihre literarische Agentur mit einem komplett weiblichen Team, dazu hat sie den Mut und sicher auch durch ihren stringenten Fleiß und den Einsatz ihrer Equipe erarbeiteten Ertrag aus ihrer Agentenarbeit das notwendiges Kapital erwirtschaftet, um zu wagen, solch ein ambitioniertes Projekt wie den Verlag editionfünf ins Leben zu rufen.


Ein Verlag, der im besten Sinne zu den independent publishers des Landes gehört und der jedes Jahr immer wieder mit einem überraschenden Programm zum Herbst mit Publikationen von ausschließlich Autorinnen aufwartet. Pro anno sind es immer fünf neue Bücher, nie mehr, damit setzen sie sich schon auf diesem Wege eindeutigst von den großen Häusern des Landes ab, denn die müssten ja, wenn die ihren Verlagsnamen ebenso gestalten würden z.B. editionzweieinhalbtausend oder ähnlich heißen.


„Wir verlegen Autorinnen, die wir vermisst haben. Bekannte und unbekannte, vergessene und wiederentdeckte, Klassikerinnen und Debütantinnen, die wichtige Texte zur Tradition weiblichen Schreibens beitragen“, outet der Verlag sich selbst auf seiner Homepage.


Ihre hauptberufliche Basis ist Silke Wenigers Agentur, die sie vor 20 Jahren startete, als sie von Brigitte Axster (1939-2019) deren Frankfurter Literaturagentur übernehmen konnte und diese dann in München unter ihrem eigenen Namen weiterführte. In ihrem Portfolio finden sich deutschsprachige Autorinnen und Autoren, sowie deutschsprachige Übersetzungsrechte von einer langen Reihe internationaler Verlage und Agenturen, auch die stammen vorwiegend aus den Bereichen des Kinder- und Jugendbuchs, aber auch der Belletristik.


Vorher hatte sie schon die die Kinder- und Jugendbücher in der Münchner Agence Hoffman betreut und davor die Lizenzrechte einiger Münchner Verlage, unter anderem der Meisinger Verlagsgruppe, in diesem konkreten Fall mit einer unendlichen Geduld, die vonnöten war in dem abenteuerlich organisierten und zusammengewürfelten Konvolut aus vielen verschiedenen Verlagen, einige von ihnen Ex-DDR-Häuser, die die Gruppe übernommen hatte.

In dieser Zeit lernte ich Silke kennen, denn wir vertraten in Barcelona in der Agentur von Ute Körner (1939-2008) die spanischen, portugiesischen und lateinamerikanischen Meisinger-Rechte. Und seitdem ist dieser Kontakt nie abgerissen, weder in der Zeit danach noch bis heute. Jedes Jahr trafen wir uns auf den Buchmessen in Frankfurt und Bologna, und wir luden sie – selbstredend geradezu – auch sehr bald ein, als Mitglied der legendären International League of Subversive Agents (ILSA) beizutreten. Ute und ich haben ihr Mut gemacht, als sie ihr eigenes Agentur-Projekt startete. Wir wussten und waren davon überzeugt, dass sie das Ding schaukeln würde, und das hat sie mittlerweile mehr als deutlich bewiesen.


Zur Professionalität einer Literaturagentin sollte auch eine klare Referenz zu ihrem ethischen Berufsverständnis gehören. Da gibt es bei Silke Weniger keine Zweifel. Sie beschrieb sich kürzlich so: "Eine Agentin wie Ruth Liepman hat gewissermaßen eine Kultur der 'guten' Agentin geprägt, die beispielhaft für viele Agentinnen und Agenten geworden ist. Obwohl ich ihr nie begegnet bin, war sie immer ein großes Vorbild für mich, wohl auch weil meine erste Chefin, Dagmar Henne, sie sehr bewunderte." (In der editionfünf wurden die Erinnerungen der großen Agentin Ruth Liepman publiziert: https://bit.ly/3fFY2RD.)


Aber das gelang immer auch wegen der solidarischen Teamarbeit zwischen ihr und ihren Agenten-Kolleginnen Alexandra Legath und Gerlinde Moorkamp, beide seit Anbeginn dabei, und seit 2005 ebenso mit Anne Kästner, der Gebieterin über die Verträge und Abrechnungen der Agentur (in einer literarischen Agentur nicht der unwichtigste Part).

Selbstverständlich kam sie 2007 auch nach Barcelona zur Setmana Internacional del Llibre Infantil i Juvenil, zu der das Goethe Institut und unsere Agentur Verleger und Lizenzmitarbeiter aus diversen Verlagen aus Deutschland eingeladen hatte.

Am 23. April dieses Jahres sollte sie aus Anlass des Internationalen Tags des Buches Bremen besuchen, um in der Buchhandlung Buntentor über ihr Verlagsprojekt der editionfünf zu referieren. Da war dann leider der Virus vor, aber der Besuch kann sicher bald nachgeholt werden.


Die größte Freude konnte sie mir aber machen, als sie plötzlich in der Trauerhalle vor mir stand, in der wir meine Meisterin Ute Körner nach ihrem plötzlichen Tod, nur zwei Tage nach der Rückkehr von der Frankfurt Buchmesse 2008, verabschiedeten. Kam einfach aus München nach Barcelona zu uns dahergeflogen. Ich war damals sehr berührt von dieser Geste, aber so ist sie halt – diese Silke. Und schon deshalb hat sie diesen Preis mehr als verdient.


Ich wünsche ihr, ihrem Mann Robin, ihrem Team, ihrem und ihrer Mitverlegerinnen Verlag alles Gute und - mehr denn je in diesen Zeiten – Gesundheit.


Weblinks:

 

Wenn Du willst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info.

200 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

© 2018 - 2023 by Guenter G. Rodewald

bottom of page