15. Oktober 2024 - Am 20. Oktober 2024 wird das Musical »Der 35. Mai« von Martin G. Berger, Jasper Sonne und Michael Ellis Ingram *), entstanden nach dem Kinderbuch des gleichen Titels von Erich Kästner, im THEATER BREMEN uraufgeführt werden. Wie viele von uns als Kinder bin auch ich mit den Romanen von Kästner groß geworden oder auch mit ihren diversen Verfilmungen, seien es »Emil und die Detektive«, »Das fliegende Klassenzimmer« oder »Das doppelte Lottchen«. Dafür hat mein Vater als Buchhändler - und überhaupt meine Eltern - schon dafür gesorgt, mich früh zum Lesen zu animieren. Allerdings habe ich »Der 35. Mai« nie gelesen. Das habe ich jetzt aber nachgeholt, in meiner Vorbereitung auf meinen Besuch der Musicalpremiere im Theater am Goetheplatz am kommenden Sonntag.
Zu meiner doppelten Freude darf ich sagen, denn in Kästners traditionellem Verlag, dem Atrium Verlag in Zürich **), ist außer dem Roman im Jahre 2018 auch eine Comic-Version des Kästner-Romans erschienen, mit den Zeichnungen von Isabel Kreitz, für die der Künstlerin 2018 der hochrenommierte Max-und-Moritz-Preis verliehen wurde.
Doppelt neugierig auf diese Geschichte war ich auch schon Anfang des Jahres geworden, und zwar durch ein Radio-Interview im Deutschlandfunk Kultur zum 125. Geburtstag von Erich Kästner, mit Ines Dettmann, der Leiterin des Jungen Literaturhauses Köln. Auf die Frage, welches Kästner-Buch sie als Kind besonders gerne gelesen habe und was sie nicht habe aus der Hand legen können, antwortete sie:
»Eines meiner absoluten Lieblingsbücher: bis heute ist es 'Der 35. Mai''. Es ist keines seiner so ganz, ganz, absolut typischen Bücher. Aber einfach ein Buch, was ich finde, was an vielen Stellen bis heute überhaupt nicht an Aktualität verloren hat und was ich als Kind wirklich einfach wahnsinnig lustig und schräg fand. Die Geschichte von Konrad, der mit seinem Onkel auf einem Pferd auf Rollschuhen in die Südsee reitet.«
Eine skurrile Geschichte
Der Roman - sein Untertitel: Konrad reitet in die Südsee - handelt von einer fantasievollen Reise des Jungen Conrad und seines leicht verschrobenen, kauzigen und ulkigen Onkels, dem Apotheker Ringelhuth, durch verschiedene fantastische Welten, die sie an einem fiktiven Datum, eben dem 35. Mai, erleben.
Conrad hat von seinem Lehrer den Auftrag erhalten, einen Aufsatz über das Thema »Die Südsee« zu schreiben. Am 35. Mai also trifft er sich nach der Schule mit Onkel Ringelhuth. Auf dem Weg nach Hause begegnen sie einem sprechenden Pferd namens Negro Kaballo, das auf Rollschuhen fährt. Das Pferd schlägt vor, gemeinsam in eine Fantasiewelt zu reisen. Zusammen betreten sie einen Kleiderschrank, der sie in eine Reihe fantastischer Welten führt.
Auf dieser Reise erleben die drei eine lange Reihe von absurd lustigen und oft auch kritischen Situationen. Am Ende kehren die drei wohlbehalten zurück, und Conrad hat reichlich Stoff für seinen Aufsatz über die Südsee, den man am Ende des Buches auch in Conrads eigenhändiger Schrift nachlesen kann:
Ein humorvoller Roman und voller Fantasie, enthält aber manch subtile gesellschaftskritische Untertöne, die an Aktualität nicht verloren haben, obwohl Kästner ihn vor bald 100 Jahren schrieb.
Isabel Kreitz & Walter Trier
Die Kästner-Romane haben bei uns allen ohne Zweifel mit den Geschichten, die Kästner erfunden hat, tiefe und unvergessliche Eindrücke hinterlassen, aber sie konnten auch ganz intensiv durch die kongenial mit den Storys korrespondierenden Zeichnungen des großartigen Zeichners, Illustrators und Karikaturisten Walter Trier (1890-1951) begeistern. So ist Isabel Kreitz mit ihrer Comic-Variation eine der besten Möglichkeiten einer Hommage gelungen, die eine Kollegin des Meisters Trier diesem machen kann.
Sie zeichnet zwar einerseits in ihrem ganz eigenen unverwechselbaren Stil, aber zitiert Trier dabei mit ihren Bildern auf eine unwiderstehlich offene und verschmitzte Weise. Ganz großartig! Umso mehr kann man sich über diesen »Nachkommen« freuen, da Kreitz ebenso erfolgreich und verführerisch noch weitere drei Romane des Duos Kästner/Trier als Comics geschaffen hat: Emil und die Detektive, Das doppelte Lottchen und Pünktchen und Anton.
Die Spannung wächst
Und nun bin ich SEHR gespannt, was uns am Sonntag im THEATER BREMEN erwarten wird. Der absurde Stoff des Romans schreit geradezu nach einer musikalisch-verrückten Bühnenversion. Die ersten Bilder und Videos von den Proben, die man schon im Internet sehen konnte, und die Besetzungsliste versprechen bereits viel. Ich freue mich schon sehr, ja, fast tatsächlich wie ein kleiner Junge von sechs, sieben, acht Jahren, der das Buch gerade ausgelesen hat. Aber auch als älterer Erich-Kästner-Liebhaber, der die 35.-Mai-Leselücke jetzt mit großer Verspätung, aber äußerst viel Vergnügen nachholen konnte.
*) Musikalische Leitung: Stefan Klingele · Regie: Martin G. Berger · Bühne: Sarah-Katharina Karl · Mehr Details: >>> Link
**) 1936 gründete der deutsch-jüdische Verleger Kurt Maschler den Atrium Verlag in Basel, Wien und Mährisch Ostrau. Er wollte vor allem das Werk von Erich Kästner weiter publizieren, das in Deutschland seit 1933 verboten war. Die Rechte dazu hatte er vom Verlag Williams & Co. übernommen. Er sah sich zu diesem Schritt genötigt, da Kästner Deutschland nicht verlassen wollte; Zitat: »Da ich Kästner nicht dazu bewegen konnte zu emigrieren, emigrierte ich seine Bücher. Ich fuhr in die Schweiz und gründete den Atrium Verlag.«
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