12. Juli 2019 - Achtzig Jahre alt? Elisabeth Raabe? Das mag keiner glauben, der sie nicht schon aus ihrem langen Leben als Verlegerin seit frühen oder mittleren Zeiten begleitet hat. Denn sie ist das geblieben, was sie zeitlebens war: eine Jungverlegerin: aktuell seit 2015 und – wie immer – gleichrangig begleitet von ihrer Partnerin Regina Vitali als Verlegerin ihres neuesten Projekts, der edition momente. Dem Verlag, in dem die beiden Verlegerinnen ihren im Jahre 1984 das erste Mal – damals noch in ihrem Verlag Die Arche - erschienenen Literaturkalender weiterhin publizieren, der längst zum absoluten Klassiker unter seinesgleichen avanciert ist, der für das Jahr 2020 ist der 37-ste!
Und seit diversen Jahren begleiten diesen für viele Literaturliebhaber längst zum begehrten Sammelobjekt gewordenen Almanach der Dichter, Poeten, Essayisten und Zitate der Weltliteratur die weiteren Kalender-Klassiker dieser einzigartigen Werkstatt, zu deren Crew seit Beginn unverzichtbar der mit dem gleichen Enthusiasmus schaffende Max Bartholl für deren grafische Gestaltung gehört.
Den Musik-, den Jazz-, den Kinder- oder natürlich den literarischen Küchenkalender, den ebenso seit vielen Jahren die Grande Dame der Gastronomie, Sybil Gräfin Schönfeldt als Herausgeberin zu verantworten hat. Die gleiche - mit allem Respekt – unverwüstliche Autorin, deren „Kochbuch für die kleine alte Frau“ der junge Verlag in einen dieser unverhofften Bestseller verwandeln konnte, mit bislang in einem knappen Jahr über 25.000 verkauften Exemplaren. Und an dessen Erfolg mit aller Sicherheit auch das jetzt im Oktober erscheinende „Kochbuch für den großen alten Mann“ anknüpfen können wird.
Das ist das, was Elisabeth Raabe heute so treibt, und all das quasi in „Heimarbeit“, denn in der Koppel 71, ihrem Verlagssitz, dem Kontorhaus im Hamburger Stadtteil St. Georg, wohnt sie auch, auch das zusammen mit Regina Vitali. Das Büro aber im Hochparterre mit dem Riesenarchiv von Enzyklopädien, Archiven von Fotos und jedes Jahr erneut notwendigen Lizenzanfragen von Illustrationen, Abdruckgenehmigungen, Übersetzungen – einer Sisyphusarbeit nicht unähnlich - sorgsam getrennt von den Wohnräumen in den oberen Etagen. Aber eskortiert im Treppenhaus von der beeindruckenden Galerie aller bislang erschienenen Ausgaben dieses Literaturkalenders, der noch bis vor kurzem den Vornamen Arche trugen.
Aber zu diesem Verlegerinnenleben gehören noch viele andere Geschichten, die über die Stationen als Lektorin bei Rowohlt, Cecilie Dressler und seit 1978 bei Otto Maier Ravensburg führen, bis zum Kauf – zusammen dann schon mit Regina Vitali - des legendären Verlags Die Arche des Peter Schifferli in Zürich zum Jahresende 1982. Dann in der Zeit, als die beiden Verlegerinnen im Oktober 1987 die Eigentümerinnen des Luchterhand Verlages wurden, dann 1994 wieder die Konzentration auf den Arche Verlag mit Doppelsitz in Zürich und Hamburg.
Und wer gehörte nicht alles zu den Autorinnen und Autoren, die sie in der langen Zeit ihrer Verlagsgeschichte/n publizieren durften, von Pablo Picasso, Ezra Pound, Gertrude Stein bis Stephane Hessel, von Margaret Forster, Fabrizia Ramondino bis Maarten ‘t Haart, literarische Entdeckungen wie Peter Stamm, Viola Roggenkamp oder Kathrin Aehnlich und so vielen weiteren.
Daneben hat Elisabeth Raabe sich zur Aufgabe gemacht, das Lebenswerk ihres vor sechs Jahren verstorbenen und zwölf Jahre älteren Bruders Paul Raabe lebendig zu halten, des unvergesslichen Literaturwissenschaftlers und Leiter der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel und als Direktor der Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale).
Sicher waren es diverse Kollegen, Freunde und Mitstreiter, die Elisabeth immer wieder gedrängt haben, ihre Geschichte als Verlegerin, die gemeinsamen Erinnerungen des Traumprojekts, den sie sich zusammen mit Regina Vitali erfüllen konnte, dem gemeinsamen Traum vom eigenen, unabhängigen Verlag, der in den späten siebziger, frühen achtziger Jahren sogar schon einen Namen hatte, bevor sie dann doch erst an Bord der Arche gingen, Momente hieß er, so wie ihr heutiger Verlag sich dann tatsächlich nennen darf.
Elisabeth hat sich lange geziert, all das aufzuschreiben, ich darf gestehen, ich gehörte auch zu denen, die sie immer wieder drängten, es zu tun, bis sie seit dem Herbst 2015 tatsächlich vorliegen, die Erinnerungen an ein Verlegerinnnenleben mit dem vielleicht einzig passenden Titel „Eine Arche ist eine Arche ist eine Arche“.
Diesem Buch gönnt man eine ebenso hohe Auflage wie dem erwähnten Kochbuch der Gräfin, sagen wir, so um die 25.000 Exemplare. Denn ungefähr so viele Menschen arbeiten in deutschen Verlagen, für sie alle sollte dieses Buch eine Pflichtlektüre sein, denn es erzählt, wie Verlegen früher noch funktionierte, vielleicht unter Umständen mit mehr Anstand, Respekt und Liebe zur Literatur und Qualität als heute, aber auch schon damals durchtrieben von Hässlichkeiten, Intrigen, Neid und purem Kommerz. All das hat natürlich auch eine Verlegerin wie Elisabeth erleben müssen, über manch derartige Erlebnisse hat sie in ihren Erinnerungen geschrieben, über andere hat sie (noch?) den Mantel des Schweigens gehängt.
Und dennoch ist sie immer die standhafte, unbestechliche und dabei so herzerfrischend lebenslustige, humorvolle und liebevolle Frau, Kollegin und Freundin geblieben.
Elisabeth, ich wünsche Dir noch viele wunderbare verlegerische und persönliche Momente, zusammen mit Regina, umgeben und umsorgt von den vielen Freunden, die Du in Deinem Leben um Dich scharen konntest.
Und. Bite, bleib gesund! Du weißt, wer Dir das schreibt und warum: nämlich Dein Guenny
Wenn Du magst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info - Ich freue mich über jede Reaktion.
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