Einen im besten Sinne Fantasien-reichen Abend bot man gestern im Rahmen des Musikfest Bremen 2018: der junge österreichische Pianist Aaron Pilsan spielte im Gustav-Heinemann-Bürgerhaus in Vegesack Franz Schuberts Wandererfantasie und Ludwig van Beethovens Klaviersonate nº 12 As-Dur op. 26, der die Musikwissenschaft durchaus eben auch Elemente einer Fantasie zuordnet.
Aaron Pilsan ist Träger des Förderpreis Deutschlandfunk 2017, der seit 1998 zusammen mit dem Musikfest Bremen vergeben wird. Dieses Jahr gewann ihn der junge Schweizer Bariton Aenas Humm. Der Preis umfasst als Sachpreis eine Studioproduktion für eine CD-Einspielung als „Artist in Residence“ im Deutschlandfunk Kammermusiksaal in Köln sowie ein Engagement beim Musikfest Bremen des darauffolgenden Jahres. Andere Preisträger der vergangenen Jahre waren u. a. Julia Fischer, Patricia Kopatchinskaja, Sophie Pacini, Leonard Elschenbroich und Jean Rondeau.
Der Abend bot dem Publikum etwas durchaus Besonderes an: sowohl Schuberts Wandererfantasie, wie nach der Pause Beethovens Sonate wurden mit 20-minütigen, fundierten und anregenden Gesprächen zwischen Aaron Pilsan und Christoph Schmitz, Abteilungsleiter Musik beim Deutschlandfunk, vorgestellt, mit jeweiligen Musikbeispielen, die der Pianist am Flügel vortrug. Sogar Schmitz fand den Mut, eine Textpassage aus dem Schubert-Lied Der Wanderer durchaus gekonnt zum Besten zu geben, die der Komponist in seiner Fantasie zitiert.
Beide Gespräche werden übrigens vom Deutschlandfunk in deren Reihe Wortspiel - Das Musik-Gespräch gesendet, das Datum für die Wandererfantasie liegt schon fest, sie soll am Mittwoch, den 22. Dezember 2018 um 22:05 sein, die Ausstrahlung für Beethovens Sonate ist für das Frühjahr 2019 programmiert.
Pilsans Vortrag bestach in diesen beiden größeren Stücken durch einen sehr engagierten Stil, durch ein äußerst vitales, fein differenziertes Spiel, das von einem sehr feinem, diskreten pianissimo bis zu einem energischen und bewegenden fortissimo alle Facetten beinhaltete, all das untermalte er mit einer lebendigen bis dramatischen Mimik, die aber nie übertrieben wirkte, im Gegenteil, seine bisweilen fast noch jungenhafte, aber immer ernsthafte Ausstrahlung begleitete seinen hoch professionellen und virtuosen Vortrag.
Auch der letzte Programmpunkt, Fréderik Chopins Andante spianato e Grande Polonaise brillante Es-Dur op. 22 bot Pilsan noch ein weiteres Mal die Gelegenheit, sein ganzes künstlerisches Können zu demonstrieren.
Leider beschnitt der eher einem Kongresssaal als einem Konzertauditorium gerecht werdende Raum die Akustik schmerzlich, der Steinway musste mit einem ziemlichen Widerhall von den kalten Wänden des Baus aus den siebziger Jahren kämpfen. Die doch recht beträchtliche Entfernung des Gustav-Heinemann-Bürgerzentrums in Bremens Norden zur Innenstadt mag einer der Gründe gewesen sein, dass der Saal nicht ganz gefüllt war, obschon die Organisatoren des Musikfestes einen Bus-Shuttle angeboten hatte. Aber daneben fand zur gleichen Zeit in Bremens „Die Glocke“ ein Liederabend mit Christian Gerhaher mit Schubert-Liedern statt, was man ja durchaus als eine gesalzene Konkurrenz-Veranstaltung betrachten kann.
Das Publikum bedankte sich aber mit schon zur Pause und dann um so mehr zum Ende des Konzerts sehr kräftigem und dankbarem Applaus und Bravo-Rufen beim Künstler und bei dem Moderator, wofür Aaron Pilsan sich seinerseits mit zwei Zugaben erkenntlich zeigte, beide von Chopin, seiner Etüde nº 10 C-Dur und mit seiner Bercuse op. 17, wobei Pilsan uns aufklärte, dass dieses Stück auch den Beinamen Wiegenlied trage, womit er uns unmissverständlich und gewissermaßen ins Bett schickte.
Download: Auszug aus dem Programm des Abends
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