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  • AutorenbildGuenter G. Rodewald

Good-Bye, Frankfurt Book Fair!

Aktualisiert: 16. Sept. 2020


Bis 2015 war ich alljährlich Gast auf der Frankfurter Buchmesse, seit 1986 alle Jahre wieder. Danach nicht mehr, einmal weil ich in Rente gegangen war und mich danach krankheitsbedingt auch nicht in Messekonditionen fühlte. Noch nicht einmal als Zaungast, so groß die Lust auch war, manche der früheren Kollegen und viele der über die Jahre gewonnenen Freunde wiederzusehen. Ich kenne die Messe sogar auch noch aus den Zeiten, als sie von Sonntag vor Messebeginn bis zum Messeende und Abflug nach Hause zehn Tage Arbeit für uns bedeutete.

Insofern kenne ich die Messe ziemlich gut. Außer in ihren angenehmen, unterhaltsamen bis aufregenden Momenten sind ebenso Erinnerungen an gewisse Jahre geblieben, in denen die halbe Messe arbeitsunfähig war, wegen der Grippeviren, die sich – ohne jemals Eintritt bezahlt zu haben – unter die Aussteller, die Autoren, die Illustratoren, die Buchhändler, das Messepersonal und die Privatbesucher, die Presseleute gemischt hatten, manches Mal Arm in Arm und in heimtückischer Partnerschaft mit einem weiteren Magen-Darm-Virus.


Und so war doch eigentlich nicht nur mir, wie wohl jedem anderen Messeerfahrenen klar, dass eine Messe wie das Frankfurter Event niemals risikofrei in Corona-bestimmten Zeiten abgehalten werden könnte. Selbst wenn die Gänge zwischen den Ständen zig Meter breit gestaltet würden und dazu noch jeder Besucher mit einer Distanzweste ausgestattet worden wäre, die laute Warnsignale ertönen lässt, sobald der uns mittlerweile fast schon in Fleisch und Blut übergangene Mindestabstand unterschritten wird.


Warum hat man also so lange gewartet, nur 38 Tage bis vor der Eröffnung, um am Ende die Messe dann doch abzusagen, nachdem man sich längst 99%-ig sicher sein konnte, dass daran kaum ein Weg vorbeigehen würde?


Wie konnten sich ein so messeerfahrener Direktor und integrer Mann wie Jürgen Boos und sein über Jahre, in manchen Abteilungen über Jahrzehnte erprobtes Team mit den allerbesten Verbindungen in die nationalen, europäischen, anglo-amerikanischen, lateinamerikanischen, asiatischen Verlags- und Lizenzszenen so tief verrennen? Hat er unter Umständen gar nicht frei und unabhängig entscheiden dürfen oder können?


Welche Rolle haben die mächtigen Verbände des Frankfurter Hotel-, Gastro-, Transport- oder Event-Gewerbes gespielt? Welche das hessische Wirtschaftsministerium?


Aber es halten sich auch hartnäckige Vermutungen, dass sich da womöglich die neue Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, unangemessen profilieren wollte? Erst seit guten 10 Monaten im Amt, ist sie selbst Verlegerin im Verlag Hermann Schmidt, einem eher kleineren Unternehmen mit maximal 20 Neuerscheinungen im Jahr, als auch maximal 15 Mitarbeitern, wie sie auf ihrer Homepage herausstellen. Also muss sie doch wissen – was eine Buchmesse in Frankfurt bedeutet. Dass sie – selbst bei der größten Phantasie, sie zu bändigen zu versuchen – einer Hydra ähnelt, die ein noch so ausgeklügelter Plan zu bekämpfen nicht in der Lage sein würde.

So scheint es jetzt, dass ein Plan „B“ in allerletzter Minute konfektioniert werden muss, um noch eine virtuelle, einigermaßen entspannte Messe auf die Beine zu stellen, mit guter Breitenwirkung auf nationaler und internationaler Ebene. Mir tun die Kollegen in den Messebüros leid, die nun sicher im Quadrat springen, um alles noch bis zur Messewoche Mitte Oktober fertigzustellen.


Viel mutiger, als eine Entscheidung auf eine solch lange Bank zu schieben, wäre gewesen, bereits im Frühsommer die Messe abzusagen, mit viel größerer Ruhe hätte man die virtuelle Version dieses geliebten Ereignisses planen können. Und Sie, Frau Schmidt-Friderichs, hätten sich mit einer solchen Haltung umso besser als mutige und führungsstarke Vorsteherin des Börsenvereins hervortun können.


Hoffen wir, dass wir dennoch eine Messe erleben können, die es verdient haben wird, sie zu feiern. Verbunden mit der Zuversicht, dass sie 2021 wieder so verlaufen kann, wie wir sie all die Jahre geliebt und gebraucht haben. Und vielleicht bin auch ich dann wieder in so guten Konditionen, dass ich mal wieder vorbeischauen kann.

 

Weblinks:

 

Wenn Du willst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info.

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