Man hört und liest es immer wieder, dass es für einen Autor, eine Autorin eines Buches eine große Genugtuung bedeutet, wenn seine, ihre Arbeit fertig gedruckt und gebunden vor ihnen liegt. Und so wird es Gunda Krauss nicht anders ergangen sein, umso beglückter sicherlich wird sie gewesen sein, nein, so hat sie es auch ausdrücklich über ihre Facebook-Seite dokumentiert, als sie ihre „Gunda unterwegs“ in Händen hatte, denn immerhin ist sie knappe 80 Jahre alt und das Buch ist ihr Erstling. Sie hat es geschrieben, um ihre Tour von 1.200 km auf ihrem e-motorunterstützten Dreirad, ihrem Easy Rider, von München bis hoch nach Rügen zu schildern, und zu veranschaulichen, wie sie den Mut für dieses gewaltige Abenteuer gefunden hat.
Nun endlich liegt das Buch vor, zu dem sie immer wieder gedrängt worden war, und dessen Produktion sie mit Hilfe einer Crowdfunding-Spendenaktion und der Unterstützung ihrer Co-Autorinnen Monica Fauss und Ute Vidal realisieren konnte.
Erstaunt war ich zunächst zu lesen, dass Gunda Krauss, die in Berlin geboren wurde, Teile ihrer Kindheit in meiner Heimatstadt Bremen im Stadtteil Peterswerder verlebt hat. Bald zogen ihre Eltern aber weiter Richtung Westen, wo es sie nach Zwischenstationen in Hannover, Berlin und Bonn dann nach München verschlug, wo sie bis heute lebt.
Bei weitem lässt uns die Autorin nicht nur an der Lektüre ihres Tagebuchs teilnehmen, das sie während ihrer langen, in Teilen aufregenden Reise in den Norden geführt hat. Sie beschreibt ebenso ihre nicht leichte Kindheit, das komplizierte und angespannte Verhältnis, das sie zu ihrer Mutter gehabt hat, und wie deren dominantes, zeitweilig lieblose Verhalten es der Tochter erschwert hat, zu einem autonomen Leben zu finden. Durchaus eine dieser typischen Kindheiten aus den Kriegsjahren hinein in die Jugendjahre, die geprägt waren durch die repressiven Erscheinungen der Adenauerzeit.
Auch ein Studium konnten oder wollten die Eltern der Tochter nicht zugestehen, das war reserviert für den Sohn („Du heiratest doch und hast dann dein Auskommen!“). Und trotz durchgängiger großer Erfolge an ihren verschiedenen Arbeitsstellen war sie immer wieder damit konfrontiert, dass man für die höher gestellten Aufgaben ihr dann doch immer die Männer vorzog.
Auch eine recht langjährige Verbindung zu einem Mann verlief nicht sehr glücklich, und es kostete sie große Mühen, sich daraus zu befreien. Gesundheitliche Schwierigkeiten taten dann noch das ihre, die verhinderten, dass sie an ihrer letzten Arbeitsstelle an der TU München höhere Aufgaben übernehmen konnte.
Und dann kam schon bald der Eintritt in den Status der Rentnerin, und nach zwei Hüftoperationen hatte Gunda Krauss große Schwierigkeiten, wieder gut laufen zu können, nachdem sie vorher eine leidenschaftliche Rennradfahrerin gewesen war und nun durch diese starke Einschränkung in ihrer Mobilität mit drohender Depression zu kämpfen hatte.
Sie ahnte aber, dass sie sich eine neue Mobilität „anlachen“ muss und stößt dabei auf ein holländisches Dreirad, das all ihre physischen Defizite verspricht zu kompensieren. Nun setzt sie alle Hebel in Bewegung, dass sie sich den Wunsch danach erfüllen kann, was nicht ganz einfach war, denn diese Räder kosten richtig viel Geld.
Aber irgendwann schafft sie die Hürde und kann das erste Mal ihren Easy Rider besteigen. Begeistert ist sie, Flügel scheinen ihr zu wachsen, und schon bald gedeiht Stück für Stück der kühne Plan, eine lange Tour zu machen, einmal die Süd-Nord-Achse zu nehmen.
Aber nicht nur das, ihr gesellschaftliches Bewusstsein für eine gesündere Umwelt, für mehr Demokratie, für die Solidarität mit den eher Benachteiligten in ihrem Umfeld wächst und sie engagiert sich in verschiedenen Initiativen.
So kommt sie auch in Kontakt mit der Münchner Umweltorganisation Green City e.V., die es dann am Ende ist, die Gundas Unternehmen ihrer Radtour durch die Republik logistisch, finanziell und medial unterstützt und organisiert – unter der hilfreichen Mitwirkung von weiteren verschiedenen kommunalen, NRO-Organisationen, und durch den Fahrradproduzenten ihres Easy Rider, die Holländer von Van Raam. Eine Tour, die dann am Ende einschließlich der Ruhepausen und einigen Zwangsunterbrechungen, die wegen einiger Reparaturen eingelegt werden mussten, immerhin 51 Tage dauerte.
Unterwegs wurde sie immer wieder von den beteiligten Menschen und Organisationen entlang der Route und an den Zwischenstationen unterstützt. Immer in treuer Begleitung durch ihren Rauhaardackel Sauser, der gewissermaßen als Lotse immer vorne im Lenkerkorb saß.
Am Ende ist Gunda unterwegs ein Buch geworden, das nicht nur älteren Menschen Mut machen kann, sondern mit dem es der Autorin gelungen ist, dass es niemals zu spät und für niemanden unmöglich sein kann, sich aus schwierigen bis fast aussichtslosen Situationen zu retten, das aber umso leichter fällt (oder oft erst dadurch möglich wird), wenn man dabei auf die Hilfe, die Solidarität Dritter bauen kann, aber auch der eigene Mut und die eigene Zuversicht müssen dazukommen.
Das Buch macht Mut und man kann Gunda nur gratulieren, dass sie sich nicht hat abhalten lassen, weder von ihrer Tour de Allemagne, zu berichten, noch davon, so freimütig ihre Reflexion über ihr Leben und die Bewältigung ihrer Lebens- und Sinnkrisen niederzuschreiben. Man kann Gunda nur ein weiteres langes Leben wünschen!
Gunda Krauss: Gunda unterwegs - Mehr als ein Reisetagebuch, Books on Demand, 2018 - 188 Seiten - 12 farbige Fotos - € 20,00 - ISBN 978-3-7481-3465-7
Hier kann man Gunda unterwegs direkt beim lokalen Buchhändler ordern: Link.
Persönliche Nachbemerkung: Wie ich eingangs schrieb, war ich - durch die Auswirkungen einer operativen Intervention - auch darauf angewiesen, mir ein Dreirad dieses Typs anzuschaffen. Der Preis - selbst eines gebrauchten Modells - überstieg bei weitem meine ökonomischen Möglichkeiten, ein Antrag bei meiner gesetzlichen Krankenkasse wurde abgewiesen, obwohl meine behandelnden Ärzte den therapeutischen Nutzen, mental, wie physisch, dringend indiziert und empfohlen hatten. Ich griff dann auch zum Mittel des Crowdfundings und innerhalb von nur drei Wochen war die benötigte Summe beisammen, zusammengetragen durch die großzügigen Spenden der Familie, vielen Freunden und früheren Arbeitskollegen. Denen allen an dieser Stelle noch einmal einen sehr herzlichen Dank!
Weblinks:
· Gunda unterwegs – Video: https://youtu.be/6qzlnZniW9k
· Gunda unterwegs – Facebook: https://www.facebook.com/gunda.unterwegs/
· Van Raam | Easy Rider: https://dreiradzentrum.de/
Wenn Du magst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info - Ich freue mich über jede Reaktion.
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