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  • AutorenbildGuenter G. Rodewald

Hört die Signale...


.. aber sie hörten sie nicht, damals auf der Brücke von der Titanic, die Warnsignale, die der Leuchtturm vom Cape Race in Neufundland Richtung Osten in die Nacht des Ozeans blies. Hätten sie sie vernommen, die Titanic wäre wohl nicht gesunken, denn die Signale warnten vor dem tückischen Eisberg, auf den der Liner seine verheerende Fahrt zulenkte. Aber warum jetzt das Expeditionsschiff, das vom Hamburger mareverlag bereedert wird, nach wie vor so unheilträchtig diesen Namen trägt, versteht man zunächst nicht, aber vielleicht will man dadurch die bösen Geister von vornherein verjagen, denn der 387 BRT große ehemalige Trawler bewegt sich auf seinen Fahrten vorrangig in Gebieten, in denen neben Robben, Walen, Eisbären und eben Expeditionsschiffen auch Eisberge bewegen, an Norwegens Küsten und hoch bis in die Arktis hinauf.


Die Geschichte dieses mit seiner eleganten Silhouette für seine Forschungs- und seine touristischen Aufgaben heute schmuck ausgestatteten "Dampfers", um vor allem sicher in See zu stechen, ist in einem Buch aufgeschrieben, als dessen Herausgeber Nikolaus Gelpke zeichnet, Verleger des mareverlags und gleichzeitig Reeder des Schiffes.


Bevor allerdings der Trawler in den Dienst des Verlages gestellt wurde, diente er tatsächlich dem Fischfang und fischte in den Meeren des Nordatlantiks. Ihr Einsatzgebiet waren die Fanggründe des Nordatlantiks, der Neufundlandbank, der Labradorsee sowie die Seegebiete vor ihrem Heimathafen in Nova Scotia, zunächst Louisbourg, später Lunenburg. Gebaut worden war er in den frühen 60er Jahren auf der kanadischen Werft George T. Davie & Sons Ltd. in Lauzon, Quebec. Die „Cape Race“ hatte noch zwei Schwesterschiffe, die MS „Cape Mira“ und MS „Cape Aspy“. Die drei sisters bildeten den ganzen Stolz der kanadischen Hochsee-Fischfangflotte.


1977 wurde die „Cape Race“ erst für den Muschelfang, aber ab 2006 zu einem Expeditionsschiff umgebaut. Und 2017 wurde der mareverlag der neue Besitzer und baute sie weiter aus, seitdem erfüllt sie ihre Aufgabe als internationales Forschungsschiff, aber bietet auch einen exklusiven Bereich des Schiffes für „normale“ Passagiere an. Normal insofern, dass es „nur“ Reisende sind, also keine Forscher, weniger normal, weil sie über exquisite ökonomische Verhältnisse verfügen sollten. Die Passagen, die angeboten werden, bewegen sich im hohen vierstelligen €-Bereich.


Die ganze Geschichte und Biografie dieses Schiffes und der Menschen, die früher auf ihm fuhren und arbeiteten und die es heute tun, erzählt das bereits erwähnte Buch. Es ist so liebevoll geschrieben, dass - wenn man sich die angemessene Muße bei der Lektüre gönnt - dabei ein angenehm ruhiges bis hochsee-dramatisches Schaukeln auf den Wellen des Meeres verspüren und ahnen, welch sensationellen Reiserlebnisse man in seinem Reisetagebuch festhalten könnte.

Ich stieß auf den schmalen Band, als ich der zweiten Folge des im April dieses Jahres vom Stapel gelaufenen Podcasts des mareverlags zuhörte, in der die Kulturjournalistin Katrin Krämer neben dem Schiffseigner Nikolaus Gelpke auch seinen Kapitän Marc Weißsteiner über die 'Cape Race' interviewten.


Gönnen Sie sich den Erwerb dieses schönen Bändchens oder lassen Sie es sich zum kommenden Weihnachtsfest einfach schenken und gönnen Sie sich eine kleine, feine, außergewöhnliche Seereise, vorbei an all‘ den obszönen Oceanlinern mit ihren Abertausenden von Passagieren und Mannschaften.


Habe ich einen Wunsch frei?

Ach ja, einen Wunsch hätte ich: mal eine Podcast-Folge über die großartige Seerechtsexpertin, Ökologin, Publizistin, Autorin und Humanistin Elisabeth Mann Borgese (1918 – 2002) zu produzieren. Es gäbe so viele Beziehungspunkte: allein die Tatsache, dass Gelpke so gut mit ihr befreundet war, dass ein anderes Forschungsschiff, das des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde, sogar ihren Namen trägt. Und man könnte den Filmemacher Heinrich Breloer dazu einladen, der Elisabeth Mann Borgese aus Anlass der Produktion seiner dreiteiligen TV-Serie „Die Manns“ (2001) kennengelernt hatte und die darin eine tragende Rolle spielt, damit in der Rolle der vielleicht authentischsten Zeitzeuginnen des Phänomens dieser prominenten geschichts- und geschichtenträchtigen deutschen Familie.


Und darf ich denn noch weiterträumen?

Wenn es doch noch wie in Märchenzeiten möglich wäre, dass einem Geister, Feen oder Trolle begegneten, die einem bis zu drei Wünschen freigäben, ich wünschte mir dann erst einmal nur einen: nämlich eine der Passagen, die die für den mareverlag vermittelnden Reiseunternehmen auf diesem wunderschönen Schiff, der 'Cape Race', anbieten.


Anders als über diese Fabelmedien wird es mir nicht möglich sein, als spanisch-deutscher Rentenempfänger und als Nicht-Lotto-Spieler, einen solchen Traum zu erfüllen. Darum begnüge ich mich mit dem Lesen und Durchblättern dieses kleinen feinen Buches und dem Besuch der Cape-Race-Homepage und fühle mich fast von Nikolaus Gelpke und Käptn Weißsteiner mitgenommen, und gönne mir weiterhin alle vier Wochen einen neuen mare Podcast mit Katrin Krämer & Nikolaus Gelpke.

 

Weblinks:

 

Wenn Du willst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info.

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