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  • AutorenbildGuenter G. Rodewald

It's a Bremen Dolly!


Das proklamierte Hauptdarstellerin Gayle Tufts am Abend der Premiere der Bremer Produktion des Musicals 'Hello, Dolly!' in der öffentlichen Premierfeier im Foyer des 1. Ranges des Theaters am Goetheplatz in ihrer Dankesrede an ihre Kollegen und Kolleginnen auf und hinter der Bühne. Dieses Musical hätte es nicht so "leicht" wie andere Werke dieses Genres. "It is no Broadway Dolly, it is no Hamburg Dolly, it is a Bremen Dolly!"


In dieser uneingeschränkten Begeisterung für dieses Musical von Jerry Herman (1913 - 2019), das auf dem Theaterstück The Matchmaker / Die Glasmenagerie von Thornton Wilder (1897 - 1975) beruht, erlebte man die Tufts in ihrer Rolle der Dolly Levi. Man kennt sie sonst eher - wenn auch immer mit einer starken und blutvollen Präsenz auf der Bühne - als Stand-Up-Comedian. Aber sie überraschte in der prachtvoll gelungenen Inszenierung von Frank Hilbrich das Publikum mit ihrer unbändigen, dennoch nie chargierenden Spielfreude, sicheren Musikalität, einer ausgesprochen schönen Stimme und vergnügten Gelenkigkeit. Ihre Doppelsprachlichkeit, dem 'Denglish', das man mit ihr seit eh und je assoziiert, passt bestens zu der Rolle, als wären ihre Dilaoge so von Herman so geschrieben. Überhaupt hat das Libretto eine frischere, zeitgemäßigere Frisur erhalten, das hat der doch etwas betulichen Version aus den 60er Jahren durchaus gutgetan.

ßßßAber gelingen tut das so alles auch deswegen, weil die Produktion an keiner Stelle Schwächen zeigt, darstellerisch, musikalisch und tänzerisch eine saubere, begeisternde Ensembleleistung. Ebenso runden die Ausstattung der Bühne (Volker Thiele), die Choreografie (Dominik Büttner), die Chorleitung (Alice Meregaglia), die Kostüme (Gabriele Rupprecht), dem Licht (Christian Kemmetmüller) und dem Ton (Mathias Kluge, Micha Suhrkamp, Dennis Weitkunst) den Abend harmonisch ab. Gerade der Ton war eine Freude, denn alle Solisten und der Chor wie das Orchester wurden allesamt akustisch elektronisch, dabei aber eben nie womöglich schmerzhaft verstärkt, wie es leider allzu leicht in solchen Produktionen passieren kann.


Gespielt wurde zu einem großen Teil auf dem mit einem echten hölzernen Tanzboden abgedeckten Orchestergraben, oben auf der Bühne selbst spielten mit unbändigem Spaß die Musiker der Bremer Philharmoniker unter der Leitung des an der New Yorker Julliard School ausgebildeten William Kelly, drappiert auf eine erhobenen Cabaret-Podest vor einem Glitzervorhang, einer Dekoration eines Revuetheaters der 20er Jahre nachempfunden, wie der des Delphi in der TV-Serie Babylon Berlin .


Cristoph Heinrich als muffeliges Ekel, am Ende geläuterter sympathischer Horace Vandergelder, Ulrike Mayer als Irene Molloy, Elisa Birkenheyer als Minnie Fay,

Ian Spinetti (mit seinem Debüt am Theater Bremen) als Cornelius Hackl und Timo Stacy als Barnaby Tucker und die vier The Dolly Levi Dancers Martina Vinazza, Anna Friederike Wolf, Ariel Agramonte Rivero und Evert Bakker, ach, ich mache es mir mit gutem Gewissen einfach: alle waren sie gut, professionell, und mit einer ungeheuren Lust am Spiel, Gesang und Tanz.

Und der Chor des Theater Bremen? Ganz einfach auch hier die Antwort: Singende Tänzer, tanzende Sänger!


Die Story des Musicals ist schnell erzählt: Die verwitwete New Yorkerin Dolly Levi versucht sich als Ehestifterin, wofür ihr der berühmte, unverheiratete 'Halb-Millionär' Horace Vandergelder gerade recht kommt. Der hat zwar schon ein Auge auf die Putzmacherin Irene Molloy geworfen, aber mit ein wenig Geschick gelingt es Dolly, Irene mit Vandergelders Angestellten Cornelius Hackl zu verkuppeln. Nun muss sie nur noch Vandergelder die Augen öffnen, damit er am Ende erkennt, wer der eigentliche Hauptgewinn in dieser Posse ist, natürlich Dolly. Damit wird kein Geheimnis verraten, denn mit einem anderen Ausgang wäre es kein Musical. All das läuft mit possenhaften Elementen, sich-Verstecken-im-Schrank und mit allem was dazugehört. Also belanglos die ganze Sache, aber das betrifft alle Musicals, und natürlich hat die Version des Wilderschen Theaterstücks mehr Tiefgang (siehe unten in Weblinks).

Bei der Premierenfeier schilderten die Dramaturgin des Musiktheaters Brigitte Heusinger und Frank Hilbrich als Regisseur des Abends die ganz besonderen Probleme, die während der gesamten Vorbereitungs- und Probenzeit des Musicals, bis unmittelbar bis zum Tag der Premiere selbst, über der Produktion hingen und immer wieder Umstellungen und Veränderungen notwendig wurden. Ich kann versichern, davon hat man nichts verspürt oder hätte man dadurch verursachte Störungen im Ablauf beobachten können. Auch das spricht für die hohe professionelle Qualität dieses Ensembles, sowohl des künstlerischen wie des technischen. Respekt!


Das Premierenpublikum spendete reichlichen Szenenapplaus und konnte sich am Ende nur durch seine stehenden Schlussovationen wieder beruhigen, begleitet von heftigen anhaltenden Bravorufen. Ein einzelner Besucher verlangte sogar zweimal intensiv nach einem da capo, diesem Wunsch kam man leider nicht nach. So muss dieser Fan wohl noch mal wiederkommen! Gelegenheit dazu gibt es reichlich, weitere elf Vorstellungen sind bis Spielzeitende geplant (siehe unten)!


(Fotos: alle von Jörg Landsberg)

 

Die nächsten Vorstellungen:

  • Fr 02.12.22 · 19:30 h

  • Fr 09.12.22 · 19:30 h

  • Do 22.12.22 · 19:30 h

  • Mo 26.12.22 · 18:00 h

  • Do 29.12.22 · 19:30 h

  • Sa 31.12.22 · 15:00 h

  • Sa 31.12.22 · 19:00 h

  • Mi 11.01.23 · 19:30 h

  • Sa 21.01.23 · 19:30 h

  • So 12.02.23 · 15:30 h

  • So 19.03.23 · 18:00 h

 

'Hello, Dolly!' wurde das erste Mal in Bremen am 1.4.1968 aufgeführt, in der Regie zunächst von Erich Geiger (1924 - 2008), dann abgeschlossen von Rolf Becker (*1935), damals Oberspielleiter der Oper. In einer der ersten Aufführungen geschah etwas Ungewöhnliches, am Ende mit Judy Winter (*1944) in der Hauptrolle und Helmut Erfurth als Vandergelder. Darüber schreibe ich hier: Link.

 

Weblinks:

 

Reaktionen:

  • »Sehr gut geschrieben. Danke. Auch deine Erinnerungen an die frühere Aufführung habe mit Freude nun nochmal gelesen.« - K.F., Bremen

  • »Danke! Sehr feine und ausführliche Kritik - macht große Lust, hinzugehen!« - E.M., Maler und Grafiker, Bremen

 

Wenn Du willst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info.

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