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AutorenbildGuenter G. Rodewald

Kein wirklicher Verlass…

Aktualisiert: 15. Juni

… war in den vergangenen Wochen auf die Wettervoraussagen, entweder schien oft genug die Sonne, wenn doch Regen angekündigt war, oder es schüttete Wassermassen, wenn man sich auf einen prophezeiten blauen Himmel eingerichtet hatte. Gestern stimmten die Prognosen dsann allerdings in vollem Umfang schon: am Morgen schien strahlend die Sonne, wenn auch mit für den Juni eher bescheidenen Temperaturen, und für den Nachmittag verkündete man heftige Regenschauer, einschließlich heftiger Böen aus dem Nordwesten. Das sollte einen nicht weiter stören, wenn man denn im Haus bleiben konnte.


Konnte man aber nicht, wenn man sich vorgenommen und sogar im Vorverkauf schon ein Ticket erstanden hatte, die Lesung mit Moritz Rinke aus seinem neuesten Buch »Ich könnte hier stundenlang sitzen und auf den Rasen schauen« zu besuchen und zu der die in ihrem Stadtteil so rege agierende Buchhandlung Lesumer Lesezeit eingeladen hatte. Denn diese traditionell im Sommer auf der Wiese am Ufer der Lesum organisierten Veranstaltungen finden unter freiem Himmel statt, sie sind also auf eine entspannte Wetterlage angewiesen.


Schon auf dem Weg zur Lesung wurde einem bewusst, dass die Regenvorhersage Wirklichkeit werden würde. Denn die Wolken wurden dunkler und schwerer, der Wind blies kräftiger und vehementer, solidarisch begleitet von den aus dem Nordwesten die Flut in die Lesum hochdrückenden Böen. Aber man kam noch trockenen Fußes an der Wiese auf dem Gelände des TURA-Sportverbandes an, die dieser der Lesumer Lesezeit für diese Anlässe gerne zur Verfügung stellt und auf der sich die auf der Weide herumlaufenden Hühner nicht aus der Ruhe bringen ließen. Das Gestühl mit den in der Welt meistproduzierten Sitzmöbeln, dem Monobloc, für die wohl gut 120 Besucher wurde ein weiteres Mal vom Förderverein Knoops Park ausgeliehen und zur Lesumwiese an- und abgeliefert. Praktizierte Nachbarschaftsinitiative!


Dann wurde es nass


Kaum aber hatte der Dichter angehoben, seine Gäste zu begrüßen und ihnen vorzulesen, brach es auch schon los, es schüttete aus all den redensartigen Eimern auf uns nieder. Aber alle hatten entweder Schirme dabei oder waren in teilweise abenteuerlicher Regenkleidung gekommen - ich selbst hatte auch meinen Original-, bis zu 150 km/h im Windkanal getesteten Taschen-Knirps eingesteckt, einen Gast entdeckte ich, der sich einen Gelben Sack der Bremer Stadtreinigung übergestülpt hatte.


 

Rinke selbst wurde durch zwei große Schirme geschützt, der für die Akustik notwendige Elektrik machte die Nässe auch nichts aus. Insofern störten die Unbilden des Wetters weder dem Vorleser noch den Zuhörern und Zuhörinnen den Genuss an diesem Nachmittag, im Gegenteil, das Ganze hatte etwas von einer sommerlichen Landpartie mit abenteuerlichen Begleiterscheinigungen.


Zumal die Texte, die Rinke aus seinem pünktlich zur am Freitag steigenden UEAF EURO 2024 erschienenen Band vorlas, zu einer fröhlichen, amüsanten und gelösten Stimmung beitrugen. Das Buch versammelt in einem größeren Teil Artikel, Glossen oder Kolumnen, die schon einmal in der einen oder anderen Zeitung erscheinen sind, aber selbst wenn man diese schon kannte, andere Stücke entstanden wohl explizit für diese Sammlung. Alle bekannten Stücke bereiteten einen neuen Spaß, indem man sie vom Autor selbst vorgelesen bekam. Denn: Rinke macht es hör- und (wenn die Sicht auf ihn nicht gerade mal wieder durch die Schirme verstellt war) sichtbares Vergnügen, seine sportlich und feuilletonistisch gesprenkelten Traktate selbst vortragen zu dürfen, die allesamt auch literarische Kleinodien, Kostbarkeiten sind. Und all die Stücke, die einem neu waren, bereiten beim eigenen Lesen eine ebenso im besten Sinne leichte Lektüre.


Liebesbriefe der Kanzlerin, mittlerweile a.D.


So gab er zum Besten: Being Pirlo, Ach, Malente!, Wie ich eine Jahrhunderttor mit Uwe Seeler im Fahrstuhl erzielte, etwas aus: Die Gesammelten Werke von Jogi Löw, Wie ich meinen Sohn so erziehe, dass er auf keinen Bayern-Fan wird und eine Auswahl der (Liebes-) Briefe von Angela Merkel an die Weltmeisterelf von 2014.


Für alle, denen der lokale, nationale oder globale Fußball nicht vollkommen egal ist, aber auch denen, denen er rechts und links am Tor vorbei gleichgültig oder sogar über die Querlatte hoch in die Tribüne geschossen einerlei ist, sei dieses Bändchen empfohlen, es bereitet Vergnügen, literarischen, aber eben auch jenes, das zu herzlichem Lachen oder verständnisvollem Schmunzeln reizt.


Ein Wunsch am Ende


Wenn ich einen Wunsch frtei hätte, dann wäre es der, dass es ein Audiobook dieses schönen Buches gäbe, gelesen - na klar! - vom Autor selbst. Das kann der nämlich richtig gut!


P.S.: 15.05.2024 - Heute müssen wir in Moritz Rinkes samstäglicher Kolumne des WESER-KURIER lesen, dass sein Vater, der Goldschmied Hadfried Rinke (*1933 in Göttingen), am Morgen nach der heiteren Lesung in seinem Haus verstorben ist. Ich hoffe, Moritz konnte noch Abschied von ihm nehmen.

Mein Mitgefühl gilt ihm und seiner Familie.

Link | Rinkes Rauten | 15.VI.2024:

 
 

(In den Weblinks spendiere ich meinen Lesern noch Rinkes Vorwort zu dem

Bändchen und das Inhaltsverzeichnis., zugegebenermaßen ohne den Autor oder Verlag gefragt zu haben. Aber das geht sicher in Ordnung, isses doch gute Werbung für beide.)

 

Eine persönliche Erinnerung zum Abschluss:

Für mich bot der Nachmittag obendrein ein ganz spezielles Déjà-vu-Erlebnis: oberhalb der Lesewiese beginnt der Admiral-Brommy-Weg, der an der Lesum entlang über fünf Kilometer von hier bis zum Vegesacker Museumshaven führt. Eben genau auf der unterhalb des Hauses mit der Nummer 2 des Weges liegenden Wiese und am Ufer der Lesum habe ich als Kind vor guten sechzig Jahren des Öfteren gespielt, wenn wir die dort lebende mit meinen Eltern sehr gut befreundete Familie des Bremer Verlegers Friedrich Röver besuchten.

 

Weblinks:

  • Moritz Rinke c/o KiWi: Link

  • Buchhandlung Lesumer Lesezeit: Link

  • Rinke-Vorwort und Inhalt des Bändchens: Link

 

Wenn Du willst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info 

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