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AutorenbildGuenter G. Rodewald

Seit 34 Jahren: Literatur - Immer an der Wand lang

Aktualisiert: 16. Sept. 2019


Schon seit Ewigkeiten, will es mir scheinen, begleiten mich die Arche Literatur Kalender durch das Jahr. Seit 1985 gibt es diese feinen Kleinode der Edition, als die beiden Verlegerinnen des Schweizer Arche Verlages, Elisabeth Raabe und Regina Vitali das erste Kalendarium dieses Typs vom Stapel laufen ließen. Jedes Jahr werden sie unter einem zentralen Thema gestaltet und bestückt, der erste bediente das Motto "Beziehungen", spätere wurden unter solch reizvollen und vieldeutigen Mottos herausgegeben wie "Von Nähe und Ferne" (2017), "Die Zeit" (2013), "Erfolge & Misserfolge" (2007) oder "Kindheit & Jugend" (2014). Dieses Jahr läuft er unter der Überschrift "Anfang & Aufbruch". Es versteht sich, dass sich bislang keines der Jahresthemen auch nur ein einziges Mal wiederholt hätte.


Der Anfang der Geschichte liegt mittlerweile 34 Jahre zurück. 1982 hatten Raabe & Vitali den 1944 von Peter Schifferli (1921-1980) in Zürich gegründeten Verlag Die Arche akquiriert und 1984 brachten sie ihren ersten Arche Literatur Kalender für das Jahr 1985 heraus - es war der allererste dieser Art und vor allem dieser Qualität überhaupt auf dem westdeutschen, Schweizer und österreichischem Markt, und ihn füllten zunächst die vielen Autoren aus dem reichen Fundus und der backlist des traditionsreichen Verlags Die Arche, mehrheitlich waren es Literaten des 20. Jahrhunderts.


Seit Anbeginn verfolgen die Kalender dasselbe Prinzip: jeden Montag öffnet sich ein neues Wochenblatt, jedes Datum der betreffenden Woche versammelt entweder Geburts- oder Todesdaten von Dichtern der Literaturgeschichte der Jahrhunderte. Ein Gedenkdatum wird jede Woche besonders hervorgehoben und bildet dann das Material für das grafische, wie literarische Zitat der betreffenden Woche. Ein weiteres Reglement bedeutet, dass nur Autorinnen und Autoren in den Kalender aufgenommen werden, die nicht mehr am Leben sind.


Elisabeth Raabe und Regina Vitali Max Bartholl


Das alles muss alljährlich eine gewaltige Herausforderung für die beiden Herausgeberinnen bedeuten, für Elisabeth Raabe, die für die Textauswahl zuständig ist, wie für Regina Vitali, die die Agenda mit den Fotos bestückt, bestimmt von dem großen Ehrgeiz, dass es sich hierbei möglichst um unbekannte bis unveröffentlichte Fotos handelt. Was - sowohl die Texte, wie die Fotografien betreffend - oft genug eine zeitraubende, manchmal mehr als diffizil und über den gesamten Globus notwendige Recherche nach den Abdruckrechten, deren vertragliche Abkommen und entsprechende Geduld beinhaltet.


Wer einmal ihr heutiges Domizil in der Straße im Hamburger Stadtteil St. Georg betritt, fünfeinhalb Schritte von der Außenalster entfernt, trifft auf die beiden nimmermüden Verlegerinnen, umgeben von Enzyklopädien, Bildbänden, Presseausschnitten, eine Fundgrube ohne Boden will einem scheinen, Schatztruhen, in denen sie ihr Material finden. Natürlich kommen dazu all die Archive, Dateien, on im jpg-. pdf-, doc- oder tiff-Format, die auf den diversen Festplatten beherbergt sind. Das muss man sich mal auf der Kalenderzunge zergehen lassen, das sind über die 34 Jahre gerechnet an die 2.000 und immer verschiedene Wochenblätter, von dem sich kein einziges wiederholt.


Faszinierend ihr Treppenhaus in dem dreistöckigen schmalen Stadthaus im tiefen St. Georg: es hängt voll von allen Kalendern der gesammelten Jahre, also müssten mittlerweile dort 35 die Sammlung komplettieren.


Der Erfolg des Kalenders wäre nicht der gleiche ohne die konstante, dennoch immer wieder neue grafische Gestaltung durch den Frankfurter Grafiker und Buchgestalter Max Bartholl, der diese unverwechselbare Marke mitgeschaffen hat. Seit Anbeginn ist er der unermüdliche, phantasievolle und professionelle Ausstatter des Kalenders.


Und nicht nur des Literaturkalenders, denn schon lange sind all die anderen Kalender dazugekommen, die sich allesamt als longseller profiliert haben: der nach dem gleichen Prinzip wie sein literarisches Bruder aufgebaute Der Musik Kalender (Motto dieses Jahr "Zwischen Höhenflug & Krise"), Der literarische Küchenkalender, den die Autorin und Journalistin Sybil Gräfin Schönfeldt herausgibt, Der Jazz Kalender, dieses Jahr mit Kommentaren von dem Freund des Verlages und viel zu früh verstorbenen Roger Willemsen und Der Kinder Kalender, als deren Herausgeber wiederum die Internationale Jugendbibliothek, München firmiert, mehrsprachig, mit 53 Gedichten und Bildern aus der ganzen Welt ("Ein Prachtstück fürs Kinderzimmer" - Frankfurter Allgemeine Zeitung).


Der Stand von edition momente auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse

Seit der Ausgabe für das Jahr 2019 hat der Literatur Kalender seinen Namen geändert, der Name "Arche" taucht nicht mehr im Titel auf, weil aufgrund einer 2008 beim Verkauf ihres Arche Literatur Verlags an die Oetinger Verlagsgruppe geschlossenen vertraglichen Vereinbarung Elisabeth Raabe und Regina Vitali gezwungen waren, nach zehnjähriger Arbeit als "Arche Kalender"-Verlegerinnen 2018 die Bezeichnung "Arche Kalender" an den Arche Literatur Verlag rückzuübertragen. Die Verlegerinnen hatten sich daraufhin entschlossen, die 2014 eigens für das Buch "Eine Arche ist eine Arche ist eine Arche. Verlegerinnenleben" von Elisabeth Raabe gegründete edition momente zu aktivieren und unter diesem Label ihr neues Kalender- und Buchprogramm zu verlegen


Das führt beim Kunden, Leser und sowieso alle Außensthende durchaus zur Verwirrung, denn der Arche Literatur Verlag, mittlerweile unter das Dach der W1-Media-Gruppe geschlüpft (oh, diese unseligen Gruppenbildungen in der Verlagswelt...), gibt ebenso weiterhin einen Literaturkalender wie einen Kinderkalender heraus, und das unter der alten Firmierung "Arche" und behauptet obendrein, es handele sich um "Das Original", was eben so gar nicht der Realität entspricht. Dazu hat man - unverblümt und dreist will mir scheinen - obendrein das originale Layout von Max Bartholl versucht zu kopieren. Für einen Außenstehenden schmeckt und riecht das nicht anders als nach plagiatorischer Absicht.


Also aufgepasst: der originale Arche Literatur Kalender ist der, der gar nicht mehr so heisst! Und natürlich ist der Unterschied auf jedem Wochenblatt zu spüren, denn die Handschrift des Teams Raabe/Vitali/Bartholl ist unverwechselbar.


Der Literatur Kalender 2019 - Anfang & Aufbruch - Hg. von Elisabeth Raabe; Gestaltet von Max Bartholl - 60 Blätter / 57 Fotos u. Abbildungen / farbig / 31,5 × 24 cm € 22,­- / ISBN 978-3-0360-2019-8 - Zu bestellen hier: https://bit.ly/2Rz9h26


Die fünf Kalender der edition momente für das Jahr 2019

Elke Heidenreich schrieb einmal: »Der Literaturkalender ist an meiner Wand nicht nur seit 30 Jahren unverzichtbar klug und schön, er ist auch seit 30 Jahren mein liebstes Briefpapier: so einen Kalender wirft man ja nicht weg, den rupft man Blatt für Blatt und schreibt auf die Rückseiten beziehungsreicher Zitate vieldeutige Grüße an Freunde!«

 

Wenn Du willst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info - Ich freue mich über jede Reaktion.

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