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Unser erster Kinobesuch

  • Autorenbild: Guenter G. Rodewald
    Guenter G. Rodewald
  • 22. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit
Cristina Hoyos und Antonio Gades in »Bodas de sangre« von Carlos Saura
Cristina Hoyos und Antonio Gades in »Bodas de sangre« von Carlos Saura

22. September 2025 - Dieser Tage sah ich in der Mediathek des TV-Senders arte in einer Reihe von acht Filmen aus spanischen Produktionen, alle schon etwas älter, aber alle von besonderer cineastischer Bedeutung für das Land und seinen Ausbruch von der iberischen Halbinsel in das bis zum Tod 1975 von Diktator General Franco verschlossene Europa und den Rest der Welt. Das gelang damals nicht von einem Tag auf den anderen, Francos Helfershelfer, wie unter anderem das Opus Dei, die allmächtigen und überall noch lange präsenten Bataillone der Guardia Civil und der Politischen Geheimpolizei, der Brigada Político-Social (BPS), den Schreibtischtätern mit den Beamten der Zensur. Sie alle waren so wenig von der Bildfläche verschwunden, wie das in der Zeit nach 1945 mit solchen Elementen der alten Politik in der deutschen Adenauer-Republik auch nicht gelungen war. »MATADOR«


Da hatten die spanischen Cineasten viel zu tun, um Neues, Entlarvendes, die Vergangenheit Bewältigendes zu zeigen, aber auch die neue, junge Demokratie zu beleben. Man sollte nicht vergessen, dass Spanien in seiner ganzen jahrtausendelanger Geschichte nur knappe 5 Jahre unter einer demokratischen Verfassung lebte, in der sogenannter Zweiten Republik, 1931 ausgerufen, die aber nur bis zum Beginn des Bürgerkrieges 1936 dauerte, der am Ende mit dem Sieg der Falangisten Francos über die Republikaner endete und die 39-jährige Dauer des Faschismus einläutete.


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Als ersten Film in der arte-Sammlung sah ich mir die »Bluthochzeit«; mittlerweile sah ich mir aber auch die sieben weiteren allesamt an, fünf von ihnen kannte ich bereits. Schön war es vor allem, sie alle in authentischem Spanisch zu hören, sie laufen alle mit Untertiteln.


Lorca, Gades, Hoyos, Saura und das Maldà


Der Film »Bodas de sangre« (1981) wurde von Carlos Saura (1932 - 2023) geschrieben und inszeniert. Er basiert auf dem Schauspiel mit gleichem Titel, das der andalusische Schriftsteller und Dichter Federico García Lorca (1898 - 1936) im Jahre 1931 verfasste und das 1933 in Madrid uraufgeführt worden war. Sauras Film zeigt die Tragödie in ihrer Adaptation für das Ballett durch den legendären Choreographen Antonio Gades (1936 - 2004), der im Film auch die Rolle des Antonio tanzt, zusammen mit der mindestens ebenso grandiosen Cristina Hoyos (*1945). Gades hatte seine Adaption von Lorcas Tragödie im April 1974 im Teatro Olímpico de Roma mit großem Erfolg uraufgeführt. Saura hatte nach Bodas de sangre zusammen mit Antonio Gades und dessen Tänzern auch den Film Carmen (1983) und danach El Amor brujo (1986) gedreht.


»Bodas de sangre« - und daraus erschließt sich jetzt auch die Motivation, warum ich aus meiner Erinnerungskiste den Anlass dieses Blogbeitrags heraus gefischt habe: Hartmut waren im Herbst 1985 nach Barcelona gezogen. Damals kannte man dort keine von den Wohnungsnöten, unter der die Stadt und alle ihre Außenbezirke heute extrem leiden, sodass es keine Seltenheit bedeutet, wenn dort in heutiger Zeit drei Generationen in einer Wohnung, einem piso, leben. Und die Wohnungen sind dort normalerweise keineswegs sehr geräumig.


Jedenfalls fanden wir schon fünf Wochen nach unserer Ankunft in der Stadt eine wunderbare Wohnung in der Altstadt im alten barri gòtic, gleich an einem der schönsten Plätze des Viertels, der Plaça del Pi. Zu jener Zeit waren die Straßen und Gassen Barcelonas voll mit kleinen Läden, die schon jahrzehntelang, wenn nicht noch länger von ihren Besitzern betrieben wurden, man brauchte sein Viertel eigentlich für seine Besorgungen nie verlassen.


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Unserem Haus gegenüber lagen die Galerias Maldà, eikne Einkausfspassage, deren Name daher rührt, dass sie sich im Gebäude des Palau Maldà befinden, mit vollem Namen Palau Maldà i Maldanell. In diesem 17. Jahrhundert erbauten Bauwerk gab es auch ein Kino, das Cine Maldà, ein kleines Programmkino, dass es dort seit 1945 gab. Es wurde sofort unser Hauskino, viele Filme auch aus dem Ausland liefen da, meistens in Versionen OmU, auch immer alle Fassbinder-Filme. Billig waren die Tickets damals auch (wie noch so vieles damals...). So waren wir dort oft aufzufinden, nicht länger als drei Minuten war unser Weg aus unserer Wohnung im zweiten Stock in der Carrer del Pi nach gegenüber in die nº 5 in den Saal des Maldà


Nun, unser wirklich allererster Film, den wir dort besuchten, war eben jener Bodas de sangre, der uns beide unendlich faszinierte und den wir uns am Ende insgesamt dreimal angesehen hatten.


So tauchten - als ich jetzt auf arte ein Wiedersehen mit Saura, Gades, Hoyos und all den Flamenco-Tänzern und -Sängern hatte - viele, viele Erinnerungen auf die schöne lange Zeit, die Hartmut und ich dort verleben durften. Umso schöner, dass diese Erinnerungstricks funktionieren, denn leider lassen mich meine körperlichen Befindlichkeiten nicht mehr dorthin reisen und mit Hartmut ginge das erst recht nicht, denn er musste die Welt vor 21 Monaten verlassen.

Weblinks:

  • Bluthochzeit ! arte Mediathek (bis 28.02.2026): Link

  • Antonio Gades Stiftung: Link


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