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  • AutorenbildGuenter G. Rodewald

Verdiente Ruhe

Aktualisiert: 30. Aug. 2022


Der 17. August 2022 - Nie wieder wird es seit diesem Tag eine neue Zeichnung, eine neue Skizze, ein weiteres Radfahrerporträt, kein neues Titelblatt auf der New York Times aus der Feder des großen Zeichners und Malers Jean-Jacques Sempé geben. Er hat sich verabschiedet. Vielleicht war er sogar auch ein bisschen müde, oder einfach urlaubsreif, immerhin fehlten ihm nur acht Tage, dass er seinen 90. Geburtstag hätte feiern können.


Sein Biograf Marc Lecarpentier, wird berichtet, informierte, er sei in seinem Ferienhaus verstorben. Wenn das der Wahrheit entspricht, war das irgendwo in einem kleinen Ort an der Côte d'Azur. Oft genug eine Gegend und Orte von Szenen, die ihn inspirierten, seine feinen Striche und zarten Farben zu setzen, um mit liebevollen, oft ironischen, jedoch nie zynischen Blicken seine Mitmenschen zu porträtieren.


Wusste Sempés Schweizer Diogenes Verlag, der sein Werk in der deutschen Sprache verantwortet, etwa etwas von eventuellen gesundheitlichen Beschwerden des Künstlers oder ist es ein Zufall (der wiederum gut zu Sempé passen würde), dass man gerade jetzt in diesen Tagen das wunderschöne Album mit dem Titel ENDLICH FERIEN in Zürich erscheinen ließ?


Das französische Original des Buches bei Editions Denoël, Paris, reicht zwar zurück in das Jahr 1990 mit seinem gefühlvollen Vorwort des Dichters Jacques Réda (*1929) (übersetzt von Jakob Emmanuelle), das in Anbetracht des Todes von Sempé einen würdigen und ideal passenden Nachruf darstellt.


Wie überhaupt die fünfzig, teilweise doppelseitigen Bilder Sempés wie ein Abschiedsgruß erscheinen, denn alles ist dabei: kräftig bunte städtische Skizzen, dörfliche Miniaturen, köstliche Porträts der haute volée der Côte d'Azur, freche, gewitzte Kinder, allesamt könnten sie auch Freunde des Kleinen Nick sein, wie wir ihn auf Deutsch kennengelernt haben, der in den französischen Bänden mit Sempés Illustrationen und den Texten von René Goscinny, dem Asterix-Autor, Le petit Nicolas hieß. (Wie mag er wohl in den über 30 Sprachen getauft worden sein, in die die Bücher bislang übersetzt wurden...?)


Und ich würde die letzten Worte gerne dem Prolog Rédas überlassen, im Falle, uns überkommt Traurigkeit, dass es eben keine neuen Sempés mehr geben wird, und weil Réda dieses schreibt :


»Man sieht ihn mit seinem Fahrrad durch verlassene Landschaften jagen, unter entsetzlichen Gewitterwolken von shakespearescher Unruhe. Er scheint verunsichert. Aber kehrt macht er nicht. Im 'Cafe des Amis' wartet man nämlich auf ihn. Er ist schließlich einer von uns.«


Und gönnen wir ihm die Ruhe, die er jetzt hoffentlich finden wird. Und wenn es einen Zeichner-Himmel geben sollte, gehen dort nie das Papier und die Tinten aus, so erwarten uns da oben weitere Sempé-Freuden. Aber es bleiben uns auf Erden vorerst noch die vielen Bücher - großformatige wie solche, die perfekt in die Lenkertasche des Fahrrades passen (ob E oder Pedale) - mit seinen Illustrationen, die die Entdeckung von vielen bekannten oder bislang noch nicht gesehenen Sempé-Kompositionen versprechen.

 
 

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Wenn Du willst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info.


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