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  • AutorenbildGuenter G. Rodewald

Wilfried Minks

Aktualisiert: 28. Aug. 2022

Am Dienstag verstarb in Berlin der grosse Bühnenbildner und Regisseur Wilfried Minks. Mit ihm verbindet mich eine alte Sehnsucht und ein unerfüllter Traum. In meiner Bremer Schulzeit in den sechziger Jahren verbrachte ich den Großteil meiner Nachmittage und Abende im Bremer Theater, in dem damals unter der Intendanz von Kurt Hübner so wundersame Ereignisse auf der Bühne stattfanden. Erst als Chorknabe in der Oper „Turandot“ von Giacomo Puccini, dann bald als Komparse und Kleindarsteller in unzähligen Opern– und Schauspielproduktionen.


Das Theater schien mir der Schlüssel zur Welt zu sein und ich träumte davon, am Tage und des Nachts, auch einmal daran teilzunehmen. Ich wollte Bühnenbildner werden. Ich bewunderte die Bühnenbauten von Wilfried Minks, von dem Roy–Lichtenstein–Bühnenprospekt in der Inszenierung von Schillers „Räuber“ durch Peter Zadek, dem „Fidelio“ in Kurt Hübners Inszenierung, in Peter Steins „Torquato Tasso“, von Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“, das auch von Hübner eingerichtet war, bis hin zu dem Neonbühnenportal zu Shakespears „Macbeth“.


In meinen heimlichen Skizzen, die ich mich traute, in meinem Jungenzimmer zu zeichnen, versuchte ich, dem großen Vorbild nachzueifern, manche Phantasien entstanden – Bilder zu einem Wozzeck, zu einem Rigoletto, sogar ein Rheingold wagte ich mir auszudenken.


Sogar ganz konkret kam es dazu, auch ein wahrhaftiges Bühnenbild zu entwerfen, es zu bauen und es auf eine Bühne zu stellen und auszuleuchten, zu dem Lustspiel von „Die deutschen Kleinstädter“ von August von Kotzebue, in einer Aufführung an meiner Schule. Als der Vorhang zum 4. Akt aufging, bekam mein Bühnenbild Applaus auf offener Szene. Was war ich stolz und natürlich ganz sicher: ich muss Bühnenbildner werden.


So lag es eigentlich nahe, mich doch endlich zu trauen, den verehrten Chefbühnenbildner anzusprechen und ihn zu konsultieren, wie man das denn eigentlich anstellen könnte, so einen Wunsch, wie ich ihn träumte, umsetzen zu können. Dazu muß man sagen, daß man all den mittlerweile brühmten Schauspielern, Regisseuren, Bühnenbildnern auf Schritt und Tritt im Theater begegnete, man saß an gemeinsamen Tischen in der Theaterkantine zusammen, traf durch die Proben und Aufführungen immer wieder aufeinander, es gab keine wirklichen Hemmungen, sich zu begegnen.


Und so sprach ich dann auch Minks an, ich erinnere mich wie heute: wir standen gemeinsam an der Theke der Theaterkantine und warteten auf die Biere, die wir beide bestellt hatten. Wenn ich mich richtig erinnere, unterrichtete Minks seinerzeit in Hamburg an der Hochschule für Theater das Fach Bühnenbild, also lag es doch nahe, ihn zu fragen.


Minks war ein sehr freundlicher und herzlicher Mensch, und ebenso offen und hilfsbereit reagierte er auf meine natürlich doch sehr schüchtern vorgebrachte Frage. Es schien, als freute er sich ganz offensichtlich, daß ich ihn gefragt hatte, und bot mir an, wenn ich doch schon Bühnenbildentwürfe gemacht hätte, sie mir doch mal zu zeigen, um mich damit doch unter Umständen an der Hochschule bewerben zu können.


Viel glücklicher konnte kaum jemand sein, wie ich mich an diesem Abend nach diesem kurzen, aber direkten Gespräch fühlte. Und voller Illusion fuhr ich in dieser Nacht mit dem Fahrrad über den Weserdeich zurück in die Bremer Neustadt und stieg nach oben in die zweite Etage, wo ich mein kleines Dachzimmer hatte.


Vieles versuchte ich in der kommenden Zeit zu skizzieren, machte Kostümentwürfe, baute sogar ein hölzernes Bühnenmodell, übte mich in meiner Mansarde als Bühnenbauer. Zeigen tat ich all diese Arbeiten niemandem, fast schämte ich mich meiner Träume.


In der kommenden Zeit traf ich natürlich auch immer mal wieder in den Gängen und auf der Bühne auf Minks und ein paar Male fragte er mich danach, wir seien doch verblieben, ihm doch mal meine Entwürfe zeigen zu wollen und daß er sehr gespannt darauf sei.


Gleichzeitig zu diesen Aufmunterungen wuchs bei mir aber immer die Unsicherheit und Angst, ob all das, was ich mir so ausgedacht und aufgezeichnet hatte, nun eigentlich wirklich von Wert sei.


Die Angst wuchs so weit, dass ich am Ende dem großen Meister niemals etwas von meinen Etüden präsentiert habe und so wurde am Ende nichts aus meinen Theaterträumen und das Leben nahm einen ganz anderen Verlauf.


Als ich jetzt von dem Tod von Wilfried Minks hörte und die zahlreichen Nachrufe las und hörte, kamen mir meine Erinnerungen an ihn wieder ganz frisch in den Sinn, mit ein wenig Wehmut, aber gepaart mit vielen wunderbaren Erinnerungen an die Jahre, die ich am Bremer Theater erleben durfte.


  • Wer mehr über das Leben und Wirken von Wilfried Minks erfahren will, dem empfehle ich das Buch Wilfried Minks. Bühnenbauer von Ulrike Maack und Wilfried Minks (Suhrkamp Verlag Berlin, 2011, 274 Seiten, mit vielen Fotografien). Siehe auch meinen BLOG: Wilfried Minks. Bühnenbauer

 

Wenn Du willst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info - Ich freue mich über jede Reaktion.



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