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  • AutorenbildGuenter G. Rodewald

Äneas Humm - ein gestandener Bariton

Aktualisiert: 27. Aug. 2023


Foto © Swisscom | CLASH, 2019

30. August 2019 - Es ist jetzt ein gutes Jahr her, dass ich das erste Mal von dem Bariton Äneas Humm hörte, als bekanntgegeben wurde, dass er im Rahmen des 29. Musikfest Bremen den Förderpreis des Deutschlandfunks 2018 verliehen bekomme. Etwa zur gleichen Zeit hörte ich ihn auch das erste Mal singen, in dem intimen Rahmen des Schlosses Schönebeck in Bremen. Damals schon war ich angetan von den spannenden interpretatorischen Facetten dieses jungen Sängers (*1995 in Richterwil, Schweiz), der zu dem Zeitpunkt noch an der Hochschule für Künste Bremen studierte. Ich schrieb damals über das Konzert: „Ich habe an dem Abend einen Künstler kennenlernen dürfen, der zweifellos eine große Zukunft vor sich hat, auf der Bühne, aber ebenso als Liedsänger und in Oratorien“ (vgl. hier)

So war meine Spannung groß, Äneas Humm erneut zu hören, dieses Mal im Großen Saal der Handelskammer Bremerhaven, womit er an den Ort seines allerersten Engagements zurückkehrte. Im Alter von nur 18 Jahren war er bereits hier an der Oper aufgetreten, in „Kommilitonen! (Young Blood)“ von Peter Maxwell Davies.


Eingeladen war er jetzt vom Musikfest Bremen, einen solchen Auftritt schließt der Förderpreis mit ein, ebenso wie er als „Artist in Residence 2018“ die Möglichkeit erhält, im Kammermusiksaal des Deutschlandfunks eine eigene CD aufzunehmen.


Aber bis zum Beginn des Konzerts musste man noch warten, aber in angenehmer Kurzweil. Denn vorher moderierte der Musikredakteur des Deutschlandsfunks, Christoph Schmitz, ein Gespräch mit Äneas Humm über einige der Lieder, die er später singen würde, einmal über fünf der ,Sechs Lieder‘ op. 48 von Edvard Grieg und danach über vier Lieder von Othmar Schoeck, einem sowohl (fast) vergessenen, wie verkannten Schweizer Komponisten, dem man immer noch sein etwas unbeholfenes undifferenziertes Verhältnis zum deutschen Nationalsozialismus nachträgt. Humm legte dar, dass ihm sehr an der Rehabilitation seines Landmanns gelegen ist, und in der Tat waren die Lieder, die er später im Konzert mit viel Gefühl vortrug, sehr schöne Stücke. Vor allem Der Kranke und Nachruf lassen ahnen, dass es hier in der Tat einen Komponisten wieder- bis neu zu entdecken gilt.


In den fünfziger und sechziger Jahren hat der Bariton Dietrich Fischer-Dieskau sich sehr um das Werk von Schoeck verdient gemacht, wie Humm erwähnte, wobei er nicht ausließ, seine Bewunderung für diesen großen Liedsänger zu gestehen. In der Tat gibt es schlechtere Vorbilder.


Schmitz‘ lebendige Gesprächsführung entlockte dem Sänger sehr viel Persönliches. Humm macht sich viele Gedanken um die Lieder, die er sich aussucht, er kann schon sehr erstaunen mit den trotz seiner Jugendlichkeit tiefgründigen und ernsthaften Interpretationen der Texte seiner Lieder.


Schon in den zwischen die Gespräche eingesprenkelten Liedpassagen, die am Piano von Renate Rohlfing (geboren in Honolulu, Hawaii) begleitet wurden, konnte man ahnen, dass in dem Jahr, das seit dem ersten Konzert, das ich mit Humm erlebt hatte, viel mit seiner Stimme geschehen ist.


Was sich dann eindrucksvoll bestätigte, als das wirkliche Konzert begann, eben mit den Liedern von Edvard Grieg, gefolgt von den Schoeck-Stücken und vor der Pause mit vier Liedern von Béla Bartók, die Humm in ihrer originalen ungarischen Sprache sang. Sympathisch, wie er dem Publikum erzählte, dass ihm sein ungarischer Großvater auf dem Sterbebett das Versprechen abgenommen habe, Lieder von Bartók in sein Repertoire aufzunehmen und ihm sein Enkel auch in seinen letzten Stunden etwas von dem geliebten Komponisten vorgesungen hat. Welches der vier Lieder es war, die Humm an dem Abend sang, verriet er dem Publikum nicht. Ein sehr berührender Moment vor der Pause.


Nach der Pause ging es dann mit Liedern von Franz Schubert weiter, besonders schön und sensibel vorgetragen Des Wanderers Nachtlied und Der Jüngling an der Quelle.


Den Abschluss bildeten fünf Lieder von Johannes Brahms, die vorzutragen Humm ganz offensichtlich besondere Freude machten, bisweilen schien ihm das Podium fast zu klein zu werden, so weit schritt er bei seinem Vortrag aus, und sein zukünftiges Publikum in Weimar kann sich schon auf seine Auftritte an der dortigen Oper freuen, man sieht, dass er auf der „großen“ Bühne eine sehr gute Figur machen wird und man erkennt auch bei seinem Liedvortrag seine schauspielerischen Fähigkeiten und sein darstellerisches Vergnügen, ohne dass es jemals aufgetragen oder gar übertrieben wirkte.


Seit dieser Spielzeit gehört Humm also zum Ensemble des Nationaltheaters Weimar, sicher ein hervorragendes Sprungbrett; zu seinen ersten Partien werden dort der Guglielmo in Cosi fan tutte und der Harlekin in Ariadne auf Naxos gehören. Es wird wohl nicht mehr allzu lange dauern und man wird dieses spektakuläre Talent schon bald auf den größeren und großen Opernbühnen und in den angesagten Konzertsälen erleben dürfen. Ich bin sicher, Humm wird mit seiner Stimme gut haushalten.


Die eher dramatisch gehaltenen Brahmskompositionen wurden dann von draußen von einem kräftigen Gewitter mit Blitzen, Donnern und mit gegen die saalhohen Fenster prasselnden Hagelkörnern begleitet und erlöste den Sänger, die Pianistin und das Auditorium von der drückenden Hitze im Saal der Handelskammer, deren elegante Architektur einen ganz eigenen Charme versprühte und die mit guter Akustik das Konzert unterstützte.


Spätestens an dieser Stelle gehört erwähnt die einfühlsame Begleitung der überraschend kräftigen und warmen Stimme Humms am Piano durch Renate Rohlfing, zweifellos ebenfalls eine große Künstlerin, beide, Sänger, wie Begleiterin waren im permanenten, sichtbar vertrauten Austausch. Ein gutes Paar.


Natürlich entließ das Publikum die Künstler nicht ohne Zugaben, die Humm in rührender Offenheit ankündigte: so sang er zu Ehren seiner eigenen Mutter in ergreifender Manier das angenehm sentimentale Lied von Charles Ives, Songs my Mother taught me.


Dann war da noch im Saal, in gewohnter Bescheidenheit in einer der hinteren Reihen sitzend, der Intendant aller mittlerweile 30 Ausgaben des Musikfestes Bremen, Thomas Albert. Humm dankte ihm coram publicum für die großzügige Förderung, die er durch ihn genossen und die wohl auch einen entscheidenden Beitrag dazu beigetragen hat, dass er sein hartes, aber fruchtbares einjähriges Stipendium an der New Yorker Juillard School absolvieren durfte. Albert zu Ehren sang er eine Arie von Henry Purcell. Ein emotionaler Moment. „Man muss Talente fördern, aber zur rechten Zeit“, betonte Humm zum Ende, an seinen Mentor gewandt. Ganz offensichtlich ist das in seinem Fall geschehen und – vor allem – ist es gelungen!


Hinweis I: Am 9. Oktober 2019 um 22:05 sendet der Deutschlandfunk in seiner Reihe „Wortspiel – Das Musik-Gespräch“ das vor dem Konzert aufgenommene Gespräch zwischen Äneas Humm und Christoph Schmitz, in dem sie – in Begleitung von Renate Rohlfing am Piano - fünf der ,Sechs Lieder‘ op. 48 von Edvard Grieg vorstellen, die Humm am Abend vorgetragen hat. (Hier die Aufzeichnung: https://youtu.be/TKK-x633pzM?feature=shared)


Die Sendung von dem Gespräch zu den vier Liedern von Othmar Schoeck wird ebenso im Deutschlandfunk übertragen, der Sendetermin liegt noch nicht fest.


Hinweis II: Äneas Humm betreibt eine angeregte Kommunikation über seine Erlebnisse, Erfahrungen und Auftritte via seiner Facebook-Präsenz. Wenn man ihn weiter auf seinem Weg begleiten will, ist das neben seiner Homepage eine zuverlässige und sympathische Informationsquelle.

 

Weblinks:

 

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