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British Soldiers in Huckle Reed

  • Autorenbild: Guenter G. Rodewald
    Guenter G. Rodewald
  • vor 3 Tagen
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 2 Tagen

Am vergangenen 8. Mai hatte die Bremische Bürgerschaft zu einer Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus in den Festsaal des Parlaments eingeladen. Diesen öffentlichen Veranstaltungen, die immer gut besucht werden, komme ich immer mal wieder gerne nach und zu dieser umso mehr.


Die Festrede zu halten hatte man den Historiker Norbert Frei gewinnen können, der unter dem Titel »Das Kriegsende im Gedächtnis der Deutschen – Gedenken und Vergegenwärtigung seit 1945« einen detaillierten und transparenten Diskurs über die inhaltliche Entwicklung der 80-jährigen Geschichte und Formen des Gedenkens an das Ende des Zweiten Weltkriegs und der Herrschaft der NS-Zeit verändert haben. (Siehe auch in den Weblinks dieses Artikels.)


Einer Geschichte, deren Schrecken und Ausmaße ich persönlich erst in den 70-er Jahren begann, gewahr zu werden, einige Jahre nach dem Ende meiner Schulzeit. Diese war in die 60-er Jahre gefallen. Die deutsche, nur zwei, drei Jahrzehnte hinter uns liegende Vergangenheit war damals kein Thema in unserem Lehrplan, obwohl die entsprechenden Fächer doch Geschichte oder Gemeinschaftskunde genannt wurden. Erst an deren Ende begann sich in der Welt und eben auch in der bundesdeutschen Politik und Gesellschaft vieles zu bewegen. In Bremen machte sich das 1968 fest in den sogenannten Straßenbahnunruhen 1968 (»70 Pfennich? lieber renn ich!«).


Erinnerungen - und zu Hause?


Auch bei mir zu Hause wurden die jungen Jahre meiner Eltern (der Vater geboren 1912, die Mutter 1918), was mich betraf, nie thematisiert, obwohl ihre Biografien durchaus genug Thema hergegeben hätten. Bedauernswert, dass ich erst viel zu spät das Bedürfnis intensiver zu entwickeln begann, nachzufragen. Und irgendwann war es zu spät, die beiden mir nicht mehr berichten konnten. Vielleicht hätte es ihnen, ich bin sogar sicher, womöglich gutgetan, ihrem jüngsten Kind (*1969) dessen Fragen zu beantworten. Nicht, dass Zweifel aufkommen - sie waren mir gute Eltern.


Umso wichtiger bleiben nach wie vor - und sollten sie noch lange bleiben - solche Gedenkveranstaltungen, wie sie jetzt allerorten stattfanden, sei es in öffentlichen Veranstaltungen an Gedenkstätten, in Parlamenten, in den Print und TV-Medien und virtuellen Plattformen, gerade da, wo mittlerweile immer wieder laut gerufen wird, man solle die Vergangenheit doch ruhen lassen. Von wegen!


Findorffer Zeitzeugin


Im zweiten Teil der Gedenkveranstaltung las die Bremer Schauspielerin Kathrin Steinweg Auszüge aus »Jede Stunde dem Schicksal abgestohlen« (Edition Temmen, 3. korrigierte und ergänzte Ausgabe,  Bremen 2025), dem Brieftagebuch Magdalene Krippner (1911 - 1974), Lehrerin an der Schule in der Regensburger Straße in Bremen-Findorff. Ergänzt wurde die Lesung von Bildern und Filmen begleitet, die an die Stirnwand des Festsaals gebeamt wurden. Leider mussten sie mit wenig Lichtstärke auskommen, denn das Tageslicht störte trotz der vor die hohen Fenster des Saales zum Marktplatz zugezogenen Vorhänge und trotz des heruntergefahrenen Saallichts.


Die Bilder kommentierte der Leiter des Bremer Landesfilmarchivs Daniel Tilgner parallel, der diese Dokumentation auch kuratiert hat. Man kennt ihn gut für seinen Film »Bremen wird bunt« (2023, http://www.bremenfilm.de/). Manche der an dem Abend gezeigten Aufnahmen und Szenen kannte man schon, viele waren mir neu. Sie sind auf der Homepage des British Pathé zu sehen, dort in dem Archiv der Pathé News, dem Produzenten von 1910 bis 1970 von britischen Wochenschauen und Dokumentarfilmen (siehe unten in den Weblinks).


Die letzten Kriegstage am Buntentorsteinweg 576 / 578


Tatsächlich waren sie mir so neu und unbekannt, dass ich an einer Stelle der Filmaufnahmen durchaus vernehmlich ausrief: »Mein Haus. Ich hoffe, ich war nicht im ganzen Saal zu hören, aber – wie ich sah an den Reaktionen der um mich herum sitzenden - durchaus in meiner Nähe. Denn plötzlich sah ich dort den Doppelblock der zwei Mehrfamilienhäuser im Bild, in dessen rechten Teil in der linken Hälfte im Erdgeschoss ich mit meinen Eltern und meinen drei älteren Geschwistern und dem Kater Peter groß geworden bin.


Der Gebäudekomplex, der 1939 bezogen wurde, steht heute noch mehr oder weniger wie damals am Buntentorsteinweg 576 und 578, an der Ecke zur Boßdorfstraße. Auf den Filmaufnahmen kann man an dem ausgebrannten Dachstuhl und den dunklen Fensterhöhlen gut erkennen, dass der linke Teil des Blocks ausgebrannt und nicht mehr bewohnbar war. Der rechte Teil war wohl, so wie ich meine, es mir erzählt worden ist, nur geringfügig beschädigt worden.


Meine Mutter mit meinen zwei großen Brüdern war, als die Bombe auf das Haus fiel, schon vor längerem in die ländliche Umgebung von Bremen evakuiert worden. Leider wurde das Haus, in dem sie dort draußen während ihrer Evakuierung untergekommen waren, auch von einer Bombe getroffen und wurde Opfer der Flammen. Glücklicherweise nahmen unsere Mutter und unsere Brüder aber keinen körperlichen Schaden. Mein Vater war während der letzten zwei Kriegsjahre Soldat.


British Soldiers in Huckle Reed


In der kurzen Filmszene von insgesamt nur 51 Sekunden (6:30 bis 7:29) ist deutlich auszumachen, dass die Aufnahmen teilweise aus dem Gebäude gemacht worden sind, das an der unserem Haus gegenüberliegenden Straßenecke stand und heute auch noch dort zu finden ist. Die Fensternischen sind heute dieselben wie damals, wie ich dieser Tage entdecken konnte. Dass sich dort Soldaten der britischen Armee verschanzt hatten, kann zweifelsfrei an den für die British Army typischen Helmen, den Brodie helmets oder Teller-Helmen, erkannt werden.


Mich haben diese Bilder aus der familiären Vergangenheit, die ich selbst nicht erlebt hatte, sehr bewegt. Ich hatte das unbezweifelbare Glück, dass ich zwar noch vor der Gründung der Bundesrepublik gezeugt worden sein muss, aber doch 180 Tage danach geboren wurde. Ein Geburtsdatum, um das einen so mancher – vielleicht nur unbewusst - beneidet.


An meine Kindheit dort in der Nummer 578 des Buntentorsteinwegs und damit im Bremer Stadtteil Huckelriede habe ich viele gute und in ihrer Hauptsache – dank meiner späten Geburt in Friedenszeiten - entspannte Erinnerungen. Einige davon kann man in einem anderen Beitrag dieses Blog mit dem Titel »Eine Kindheit in Huckelriede - Erinnerungen an eine unbeschwerte Zeit« 



Weblinks:

  • Internetseite von Norbert Frei: Link

  • Internetseite von Kathrin Steinweg: Link

  • Internetseite der Bremischen Bürgerschaft: Link

  • TV-Beitrag | Radio Bremen: Link

  • Norbert Frei | Interview | NDR Kultur: Link

  • Edition Temmen: Link  

  • Internetseite | British Pathé: Link

  • Mein Blog | Kindheit in Huckelriede: Link

Wenn Du willst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info

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