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AutorenbildGuenter G. Rodewald

Der Natur eine Stimme geben

Aktualisiert: 5. Juli

Der Natur eine Stimme geben, das war das Motto, das mehr oder weniger über der Veranstaltung des vergangenen Samstags im Vegesacker Overbeck-Museum schwebte, zu der allerdings unter einem anderen Titel eingeladen wurde, nämlich »Bücher, die (beinahe) die Welt retten · Ein Gespräch mit Buchtipps«. Dieser Titel hatte meine Neugier geweckt, zumal dazu von zwei kulturellen »Schwergewichten« Vegesacks geladen wurde: der Leiterin des Overbeck-Museums, Dr. Katja Pourshirazi, die aus der ihr anvertrauten Sammlung längst eines der rührigsten und weit über den Stadtteil und über Bremen hinaus bekannten und geschätzten norddeutschen Kunstmuseen geschaffen hat. Der zweite einladende Vortragende war Martin Mader, Betreiber der ältesten 1927 gegründeten und nach wie vor inhabergeführten Vegesacker Buchhandlung Otto und Sohn. Auch er mit seinen vielen Veranstaltungsformaten und Lesungen in der Buchhandlung und seinen diversen Beiträgen ein Leuchtturm im kulturellen Leben seines Stadtviertels.


So neugierig hatte mich der Aufruf gemacht, dass ich der Lesung ganz spontan und ungefragt ein persönliches Extra-Poster (siehe oben) gewidmet und meinerseits über meine bescheidenen Kanäle auch gerne auf diesen Nachmittag hingewiesen habe. Insgesamt kamen gut 15 Leute in dem großen Ausstellungsraum des Museums zusammen. Die beiden Referenten sassen vor einem der Prunkstücke des Museums, Fritz Overbecks großformatigem »Im Vorfrühling« aus dem Jahr 1888 (156 x 200 cm). Ein sehr einladendes Szenarium.

Ein Literarisches Duett

Der Nachmittag war als ein literarisches Duett angelegt, das aber ausdrücklich um die Teilnahme des Publikums bat und das auch mit Fragen und Einwürfen gerne dieser Aufforderung nachkam. Und als Leitfaden galt den beiden ihr Motto, eben Bücher vorzustellen, die bei guten Bedingungen womöglich in der Lage wären, die (Um)Welt zu retten. Zweites Kriterium: die Auswahl, die aus sechs festgelegten Titeln zusammengestellt war (die aber von Martin Mader keck, aber sinnvoll um zwei ergänzt wurde), vorbei an allen Mainstreams und Bestsellerlisten, aber die den beiden Präsentatoren wichtig und wert schienen, vermittelt zu werden.


Im gegenseitigen Wechsel stellten beide ihre Vorschläge/Liebschaften vor:


Katja Pourshirazis Empfehlungen:


  • Eine im März 23 im dtv Verlag erschienene, geradezu Liebeserklärung an eine Kulturlandschaft, die gerettet gehört, verfasst von der Biologin und Klimaschützerin Franziska Tanneberger - ihr Titel: Das Moor, mit dem Untertitel: Über eine faszinierende Welt zwischen Wasser und Land – und warum sie für unser Klima so wichtig ist.

  • Geflochtenes Süßgras · Die Weisheit der Pflanzen von Robin Wall Kimmerer (Aufbau Verlag, Berlin 2021), einer US-amerikanischen Pflanzenökologin und Angehörigen des Stamms der Potawatomi. Für Dr. Pourshirazi im besten Sinne eine Verfügung durch die Autorin, den Pflanzen eine Stimme zu geben, wobei sie auf die vorbildliche Initiative des lateinamerikanischen Staates Ecuador hinwies, der 2008 als erstes Land der Welt als Rechtssubjekt in seine Verfassung aufgenommen hat (siehe auch das SWR Feature zu dem Thema unten in den Weblinks).


  • Der im letzten Mai beim Rowohlt Verlag erschienene Titel Zwischen Erde und Himmel · Klima - eine Menschheitsgeschichte. Auf 1014 Seiten spannt der Globalhistoriker an der University of Oxford Peter Frankopan, der zu den profiliertesten Historikern unserer Zeit zählt, einen weiten Bogen, von den frühesten Quellen bis in unsere Gegenwart, und erzählt die Menschheitsgeschichte neu, wobei uns das, was wir heute als Verhängnis erfahren, in vielfältigster Gestalt wiederbegegnet. Pourshirazi gestand, dass sie das Buch noch längst nicht bis zu seinem Ende gelesen habe (der Lesefaden steckte nach meiner Schätzung aus der Distanz aus dem Publikum, am Ende des ersten Fünftels des Buches). Aber sie sei so ergriffen von dem Text, dass sie ihn selbstredend bis zum Ende lesen werde. Wenn das nicht Liebe zu einem Buch bedeutet!


Martin Maders Empfehlungen:


  • Sein erster Lesetipp war ein Buch mit dem bereits längsten Leben unter den Empfehlungen des Nachmittags. Es ging um den Essay von Ernst F. Schumacher (1911-1977) mit dem Titel Rückkehr zum menschlichen Maß, auf Deutsch bereits 1977 das erste Mal erschienen (Rowohlt), 2013 wieder aufgelegt vom oekom Verlag; 2019 in einer nochmaligen neuen Ausgabe und unter dem Titel small is beautiful, damit identisch mit dem amerikanischen Originaltitel. Ein Buch über so vieles, auf das wir verzichten sollten/könnten/müssten.


  • Als Unterstützung zu einem solchen Vorsatz wies Mader extemporierend noch auf zwei mehr alltagspraktische Publikationen hin: Fünf Hausmittel ersetzen eine Drogerie (Untertitel: Ein Mittel für fast alles: Mehr als 250 Anwendungen für den umweltfreundlichen Alleskönner in Haushalt, Küche, Bad und Garten) und Das Natron Handbuch (Untertitel: Ein Mittel für fast alles: Mehr als 250 Anwendungen für den umweltfreundlichen Alleskönner in Haushalt, Küche, Bad und Garten). Ihre Untertitel weisen plastisch auf den Inhalt beider Bücher hin.


  • Jens Beckert: Verkaufte Zukunft · Warum der Kampf gegen den Klimawandel zu scheitern droht, erst im März bei Suhrkamp erschienen, aber bereits in seiner 2. Auflage. Der Autor, Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung und Professor für Soziologie in Köln, warnt: wir wissen alle um die Auswirkungen der Klimakrise, aber was wird wirklich dagegen unternommen. Kein pessimistisches Buch, aber eines, das die Dinge bei ihren wirklichen Namen nennt!


  • Und am Ende konnte Mader es sich nicht verkneifen (gut so!) auf ein weiteres, gerade vor ein paar Tagen bei der DVA erschienenes Buch hinzuweisen: Der Gigant von der US-amerikanischen preisgekrönte Investigativreporterin des Wall Street Journal in New York Dana Mattioli. Der Untertitel sagt alles darüber, worum es der Autorin geht: Wie Amazon die Wirtschaft im 21. Jahrhundert verändert und wovor wir uns fürchten müssen.


Eine Fortsetzung?


Am Ende bedankte sich das Publikum für die anregende Idee eines literarischen Salons in dem schönen Museum, und es kam die Idee auf, auf diesen ersten Auftritt doch weitere folgen zu lassen. Vielleicht einen im Vorfeld des alljährlichen Bücherherbstes, rund um das Ereignis der Frankfurter Buchmesse, einen im Winter, der Jahreszeit der langen Lesenachmittage und - Abende? Und so fort. Weder die Protagonisten noch die Gäste schienen abgeneigt.


 

Weblinks:

  • Overbeck-Museum: Link

  • Buchhandlung Otto & Sohn: Link

  • Das Gemälde "Im Vorfrühling": Link

  • Ernst F. Schumacher: Link

  • Franziska Tanneberger: Link

  • Jens Beckert: Link

  • Robin Wall Kimmerer: Link

  • Peter Frankopan: Link

  • smarticular Verlag: Link

  • Dana Mattioli: Link

  • ARD-Audiothek | Feature | Ecuador: Link

  • Ein Buch über Fritz Overbeck und seine Frau Hermine: Link

 

Wenn Du willst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info 

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