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AutorenbildGuenter G. Rodewald

Schaffen wir zwei, drei, viele Bremer Book-Rucks!

Aktualisiert: 1. Mai

29.04.2024 – Vergangene Woche gab es eine große Feier. Festakt heißt das, wenn so etwas im Rathaus zu Bremen stattfindet und der Hausherr, der Bürgermeister, dazu einlädt. Anlass dazu war die weit über die Grenzen der Stadt hinaus beachtete und begrüßte Ernennung Bremens zur UNESCO – Creative City of Literature am 31. Oktober des vergangenen Jahres. Im zentralen Mittelpunkt der Veranstaltung stand das Bedürfnis der Stadtregierung und ihres Kulturressorts Bremens, all den Akteuren, Initiativen und Institutionen Dank zu zollen am Zustandekommen dieser Ehrung, die sich die Bremer Literaturszene, damit die ganze Kulturszene der hanseatischen Gemeinde, ans Revers haften darf.

 

‚Bovis‘ Dankesliste

 

Dieser Danksagung kam in der von der Journalistin Katharina Guleikoff launig und humorig moderierten Soirée Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte im vollem Umfang nach. Und das durchaus mit doppeltem Gewicht, denn er bekleidet in Personalunion ebenso das Amt von Bremens Senator für Kultur der Stadt und des Landes Bremen (und der für die Religionsgemeinschaften, was immer gerne ausgelassen würde, wie er  in seiner Einleitung monierte).

 

Er ließ in seiner Ansprache wohl niemanden aus. Viele der Personen, die erfolgreich an der Erlangung des Titels City of Literature beteiligt waren, hob er namentlich vor, ganz vorne dieser vielen, vielen Beteiligten ehrte er die wohl wichtigsten Protagonisten: das Kulturressort der Stadt mit Dr. Alexandra Tacke als verantwortliche Kommissarin für die Bewerbung, Heike Müller vom Literaturhaus Bremen virt. und Jens Laloire vom Bremer Literaturkontor, aber viele andere Namen von Personen und Gruppen und Initiativen folgten. Diese öffentliche Anerkennung hat sicher allen Erwähnten gutgetan und bedeutet eine wohltuende Verbeugung der städtischen Administration vor dem kulturellen Engagement all der Beteiligten und Unterstützern und Unterstützerinnen, die dem positiven kulturellen Nimbus der Stadt und ihres Gemeinwesens und durchaus in alle Welt hinaus zu stärken dient. (Die ganze Rede des Bürgermeisters: unten in den Weblinks.)

 

Ein Satz aus Bovenschultes Begrüßungsrede wird sicher in den hanseatischen Zitatenschatz der Bremer Bürgermeister eingehen: »Durch Bremen muss ein ‚Book-Ruck‘ gehen« wünschte er sich gegen Ende seiner Ansprache . (Ob er sich damit schon als Kandidat eines Nachfolgers von Bundespräsident Steinmeier empfehlen wollte, ist nur eine Vermutung; aber zu der Qualifikation für dieses Amt gehört seit dem Präsidenten Roman Herzog erwiesenermaßen die Fähigkeit, »Ruckreden« zu halten.)

 

Dvoraks amerikanische Einlage

 

Nach Bovenschultes Begrüßungs- und Dankesrede spielten Anette Behr-König, Antonia Krebber, Reinhold Heise und º von den Bremer Philharmonikern auf und verpassten dem Abend mit dem furios gegebenen ersten Satz, dem Allegro ma non troppo, von Antonin Dvoraks Amerikanischem Quartett F-Dur op. 96 den musikalisch adäquaten Auftakt. Auch die mittlerweile fast 200 Jahre alten Bremer Philharmoniker (kommendes Jahr machen sie die 200 voll!) waren an der UNESCO-Bewerbung (‚Musik trifft Literatur‘) beteiligt.


 

Darauf schilderte Lucia Werder, seit Oktober letzten Jahres die neue Direktorin der Stadtbibliothek Bremen, die Arbeit und die kulturelle und soziale Bedeutung dieser an sieben Standorten und mit dem Bibliotheksbus im gesamten Stadtgebiet präsenten Institution, die weit über ihre traditionelle Rolle als öffentliche Leihbibliothek hinaus ein breites Portfolio an Aktivitäten und Ressourcen anbietet, mehr denn je ein unverzichtbarer Player, gerade auch, was die Lese- und Sprachförderung betrifft.

 

Dann trat der in Bremen geborene, heute in Berlin lebende Bas Böttcher, Schriftsteller und Slam Poet und im Februar von der Humboldt-Universität Berlin zum ersten Humboldt-Spoken-Word-Poeten ernannt, vor sein Bremer Publikum. Immer wieder macht es einen gewaltigen Spaß, seiner Wortakrobatik und dem agilen Rhythmus seiner Reime zuzuhören. Ein echter literarischer Stadtmusikant.

 

In der Folge übernahm Moritz Rinke das Mikrofon, zurzeit wohl neben Sven Regener der über die Stadtgrenzen bekannteste zeitgenössische Bremer Autor, den die Stadt längst und »trotz« der Tatsache, dass er außerhalb der Stadtmauern geboren wurde und aufwuchs, in Worpswede nämlich, gerne als einen ihrer literarischen Söhne adoptiert hat. Er präsentierte sich zu einer gewissen Überraschung im Publikum an diesem Abend als Vertreter der Bremer Tageszeitung, dem »Weser Kurier«, auf deren Kultur-Seite, die dieses Ressort in der deutschsprachigen Journalistik bis vor einigen Jahren und seit der Mitte des 19. Jahrhunderts noch mit der klingenden französischen Vokabel Feuilleton schmückte, weder vorher dieses nicht ganz unwichtige Kulturereignis ankündigte, noch danach von ihm berichtete.

 

Umso exklusiver und füllt diese Informationslücke Moritz Rinke drei Tage in seiner samstäglichen Kolumne desselben Weser Kuriers, inklusive Bovenschultes Satz vom Book-Ruck, den er das Prädikat »wundervoll« verleiht.

 

Dann noch einmal die vier Streicher – mit dem vierten Satz des Amerikanischen Quartetts von Dvorak, dem Finale Vivace am non troppo.

 

Als nächstes unterhielten sich die in Erlangen geborene und in ihrem Atelier im Bremer Kulturzentrum Lagerhaus arbeitende Bremer Illustratorin und Kinderbuchautorin Anke Bär mit der Moderatorin des Abends über die Wichtigkeit des Vorlesens und des Lesens vom frühesten Alter an. Dieses Bestreben kann nicht oft genug wiederholt und sollte immer wieder und immer wieder in neuen bis unkonventionellen Formaten versucht werden.

 

Das Finale bestritt dann noch einmal Bas Böttcher mit einem seiner unnachahmlichen Slams.

 

Eine sympathische Idee war es, Dr. Andrea Edel aus Heidelberg zu dem Festakt einzuladen. Der Bürgermeister begrüßte sie ebenfalls persönlich und bedankte sich ausdrücklich bei ihr und Heidelberg als »Bremens literarischem Komplizen«. Heidelberg ist neben Bremen bislang die einzige deutsche City of Literature, neben weiteren 51 Städten in 39 Ländern und 6 Kontinenten.

 

Wurde etwas vermisst?

 

Man hörte hier und da beim abschließenden Empfang im Festsaal mit Sekt und Weinen aus dem Bremer Ratskeller (woher sollte der denn sonst kommen?), dass Informationen über den aktuellen Stand der Bauarbeiten und konkreten Planungen vermisst wurden, die gerade das Stadtmusikantenhaus und das Literaturhaus Bremen im Kontorhaus in der Langenstraße, in Sicht- und Spuckweite vom Bremer Marktplatz, betreffen. Und welche weiteren Projekte sonst in Vorbereitung oder gar schon spruchreif sind, die den Titel als City of Literature mit Inhalt und Ereignissen füllen sollen – neben allen, die es bereits gibt, wie das digitale Literaturmagazin Bremen, wie Die Bremer SprachMusikanten, die diversen Literaturfestivals, etc. 


Natürlich benötigt all das keine überstürzte Eile, denn diesen einmal verliehenen Titel verliert die Stadt nicht, er kann nicht aberkannt werden, so bleibt er Bestandteil der bremischen kulturellen Identität. Allerdings muss jede Stadt im Vier-Jahres-Rhythmus einen Tätigkeitsbericht abgeben und bekommt von der UNESCO eine detaillierte Bewertung.

 

Aber neugierig auf das, was wir erwarten dürfen, doch - das ist man schon.

 

Ein Wunsch zum Ende

 

Ach ja, wie sehr wünsche ich mir für Bremen einen neuen Verlag, einer, der sich exklusiv dem Kinder- und Jugendbuch verschreibt. Die eher kleine Bremer Verlagsszene hätte für ein solches Unternehmen noch durchaus Platz und würde die Stadt aufwerten; andere deutsche, österreichische und Schweizer Großstädte ähnlich großen Ausmaßes können auf wesentlich breitere Präsenz solcher Unternehmen verweisen.


Neben so manchen Bremer Autoren und Autorinnen und Illustratoren und Illustratorinnen dieses Genres gibt es around the world sehr viele weitere schreibende und zeichnerische Kollegen und Kolleginnen, ebenso Verlage im Ausland, deren Lizenzen angeboten werden. Und: ein gut, geschriebenes Kinder- und Jugendbuch ist auch immer ein Longseller, siehe die Beispiele eines Erich Kästner, einer Kirsten Boie, eines Paul Maar, einer Astrid Lindgren (doch, die darf man nach wie vor nennen!), eines Andreas Steinhöfel oder eines Norbert Kuhlmann, die Liste könnte noch viele Zeilen und Seiten füllen...


Vielleicht hört / liest jemand von meinem Wunsch. Geld habe ich keines, aber eine gewisse Expertise könnte ich durch meine berufliche Vergangenheit beisteuern.


 

Weblinks:


  • UNESCO – Cities of Literature: Link

  • Rede Dr. Andreas Bürgermeister: Link

  • Bremer Literaturkontor: Link

  • Literaturhaus Bremen virt.: Link

  • Stadtbibliothek Bremen: Link

  • Reportage von der kürzlichen Kinderbuchmesse in Bologna: Link

 

Wenn Du willst, kannst Du mir gerne Deinen Kommentar schicken, und zwar an diese Mail-Adresse: blog.guenny@mercadodelibros.info 

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